Alarm auf Hiddensee

Jökull

von Jökull

Story

Bootscharterfirmen werben gern damit, dass Urlaub auf dem Wasser frei von Stress sei. Das leuchtet mir ein. Auch meine Freunde wollen sich davon überzeugen.

Die Regionalbahn bringt uns flott von Hansestadt zu Hansestadt. Der Weg zum Hafen dauert eine halbe Stunde. Unser Boot wartet am Steg. Alles Weitere ist schnell erledigt.

Unser nächstes Ziel liegt ostwärts. Der Zeitplan sieht etwas Luft vor. Deshalb soll es zunächst in entgegengesetzter Richtung nach Hiddensee gehen. Schnell erreichen wir das Fahrwasser des Strelasunds. An der Küste Rügens entlang schlängeln wir uns nach Norden. Vom Fischerhafen Neuendorf aus wollen wir die Insel im Schnelldurchgang entdecken. Am nächsten Tag soll die Reise durch den Greifswalder Bodden und vorbei an Usedom zum Stettiner Haff führen.

Die Angaben auf der Seekarte stimmen mit den Gegebenheiten vor Ort überein. Das Ansteuern des malerischen Hafens gelingt auf Anhieb. Der den Sportbooten vorbehaltene Teil ist bereits belegt. Zwischen den Fischkuttern auf der anderen Seite des Fähranlegers finden wir eine Lücke.

Meine Crew steht vorn und achtern mit den Leinen parat. Sie wartet auf das Kommando zum Festmachen. Plötzlich ertönt eine Alarmsirene. Deren durchdringende Lautstärke erinnert an eine LKW-Hupe mit Dauerton. Die Blicke der aufgeschreckten Passanten richten sich auf uns. Wir fühlen uns als Unruhestifter an diesem idyllischen Ort.

Mit dem Abschalten des Motors ist es wieder still. Das Problem ist schnell lokalisiert. Gummiteile einer Pumpe haben den Kühlwasserkreislauf blockiert. Das wiederum sorgt für erhöhte Motortemperatur. Der Hafenmeister der Charterbasis schickt sofort ein Ersatzteil mitsamt Werkzeug auf Reisen. Das Segelboot würde bis Hiddensee jedoch einige Stunden benötigen.

Zeit für einen Inselrundgang bei strahlendem Sonnenschein. Hiddensee ist hier sehr schmal. Deshalb brauchen wir nur wenige hundert Meter bis zum Weststrand. Wir lassen die Schuhe an Bord und genießen es barfuß zu gehen. Auf den uneingezäunten Grundstücken wehen bunte Wäschestücke an Leinen im Wind. Meine leicht angewinkelten Fußsohlen versetzten die Sandkristalle in Reibung. Das verursacht ein deutlich hörbares Knirschen. Die Uhr scheint hier anders zu ticken.

Auf dem Boot ist das Teil schnell ausgewechselt. Den kleinen Hafen verlassen wir ohne Sirenenlärm. Die Ruhe währt etwa eine Meile weit, dann haben wir wieder ein Problem. Die Alarmsirene tutet unentwegt für den Rest des Tages weiter. Nach einer gründlichen Reparatur ist endlich aller Stress vergessen.

© Jökull 2021-01-29

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