Alex

Kristina Fenninger

von Kristina Fenninger

Story

Noch immer ziemlich erschöpft von der zweiten Impfung (eh schon wissen, welche) mache ich mich auf in den Supermarkt. Die Leergebinde der letzten Gartenparty gehören zurückgegeben und Gesöffe für die Reise müssen eingekauft werden. Schließlich geht es morgen auf in die Ferien ans Meer. Endlich!

“Außer Betrieb” steht da auf dem Leergutrückgabeautomat. Genervt puste ich mir meine nichtvorhandenen Stirnfransen aus dem Gesicht, verlasse den Supermarkt und suche den nächsten auf.

Während ich warte, bis der Leergutbon gedruckt wird, schweift mein Blick nach links, und ich entdecke IHN.

Obwohl ich mit meinem schicken Wagen in den letzten Jahren öfter an Alex vorbeigefahren bin, habe ich ihn lange nicht mehr gesehen. Dabei ist er mir in der schwierigsten Phase meines Lebens beigestanden und hat mir jeden Tag ein wenig versüßt und mich gestärkt. Ich gebe zu, ich habe ihn vernachlässigt in letzter Zeit, und das nicht zu knapp.

Und dann steht er plötzlich vor mir nach so langer Zeit, und ich weiß auch gar nicht wirklich, was ich sagen soll. Jedenfalls aber verspüre ich gerade eine tiefe Dankbarkeit, dass der Automat im anderen Markt kaputt war, sonst hätte ich ihn mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit nicht getroffen.

Und weil mir halt noch immer die richtigen Worte fehlen und Alex mich wahrscheinlich eh nicht verstehen hätte können, wie auch, umarme ich ihn ganz fest. Gut fühlt er sich an wie eh und je.

Er ignoriert die Regeln und trägt keine Maske. So ein Lauser! Doch so kommt es, dass seine Wangen für einen flüchtigen Augenblick meine Schläfen berühren. Wahnsinn, wie schön kühl und erfrischend seine Haut doch ist und das trotz der Hitze. Tief schaut er mir in die Augen, etwas zu tief, denn ich kann ihm fast nicht mehr widerstehen. Wohl hat er schnell vergessen, wie sehr ich ihn vernachlässigt habe in letzter Zeit. Vielleicht ist es ihm auch egal, weil für ihn nur der Moment zählt und im Moment bin ich ja eh hier bei ihm.

“Soll ich oder soll ich nicht”, überlege ich noch kurz. Schlechtes Gewissen macht sich breit in mir. Vor Erregung läuft mir das Wasser im Mund zusammen und ja, tatsächlich nehme ich ihn mit nach Hause. Das Leben ist zu kurz, viel zu kurz, um auf das Schöne und Gute zu verzichten.

Schnell öffne ich die Plastikhülle mit den Zähnen, und dann gebe ich mich ihm voll und ganz hin, meinem Alex. Wie gut er noch immer ist. Wahnsinn! Ich kann es kaum glauben.

Übrigens für alle, die es noch nicht wissen, Alex ist ein Schokoladenkakao! Ciao, Ciao!

© Kristina Fenninger 2021-06-26

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