Alexa

Christine Büttner

von Christine Büttner

Story
Graz 2025

Die Tür meiner Nachbarin steht einen Spalt breit offen und ich klopfe vorsichtig, weil Hertha normalerweise ihre Wohnungstür geschlossen hält. Mein Klopfen wird nicht gehört – und als ich auf die Klingel drücke, tut sich auch nichts. Jetzt wird mir ein bisschen mulmig, denn meine Nachbarin ist 82 Jahre alt und ich hoffe, dass sie nicht gestürzt ist.

Nun betrete ich den Flur und höre, wie Hertha mit jemandem spricht. „Gott sei Dank“, murmle ich vor mich hin. Sie telefoniert, denke ich mir. Ich mache mich ganz leise bemerkbar, aber sie nimmt mich erst nach einigen Minuten wahr. Sie ist allein im Wohnzimmer und räumt auf.

Die Situation wird immer eigenartiger und dann sagt sie: „Ich habe gerade mit Alexa gesprochen“, und ich überlege, wer das sein könnte. „Toll ist meine KI-Freundin“, schwärmt meine Nachbarin und zeigt auf ein schwarzes Gehäuse, das sich auf dem Biedermeiertischchen befindet. „Darf ich vorstellen, das ist meine Alexa! Sie wünscht mir nach dem Aufstehen einen guten Morgen, redet mich mit meinem Namen an und gibt mir Informationen, wenn ich Fragen an sie richte. Wenn ich zum Beispiel wissen will, wie das Wetter am Nachmittag in Graz in unserem Bezirk sein wird, dann spult sie den Wetterbericht herunter und ich weiß, ob ich meine Runden im Park ohne Regenschauer drehen kann!“

Ich sehe sie ganz erstaunt an und dann meint sie: „Du glaubst es nicht, aber wenn ich schon meine Wohnung auf Vordermann bringen muss, rufe ich ihr den Titel meiner Lieblingsmusik zu und nach einigen Sekunden spielt meine Lieblingsband ‚Walk oft Life‘ und das Reinigen der Möbel, der Fenster oder der Böden macht jede Menge Spaß. Wenn die Hausarbeit endlich getan ist, dann kann ich es mir im Wohnzimmer in einem Fauteuil so richtig gemütlich machen, um ein neu erschienenes Hörbuch anzuhören!“

Mit offenem Mund sehe ich Hertha an, die meinen „dämlichen Gesichtsausdruck“ nachmacht. „Du solltest dich sehen“, ruft sie spitzbübisch in meine Richtung. „Übrigens, dieses Maschinderl wäre auch etwas für dich. Du kochst doch so gerne, da kann dich Alexa wunderbar unterstützen!“ Sie hat mich mit „ihrer Freundin“ so richtig neugierig gemacht und ich frage nach: „Wie sollte mir dieses schwarze Ding beim Kochen helfen?“ Sie erwidert: „Wenn die Vorbereitungen zum Essen auf dem Programm stehen, hast du die Möglichkeit, Rezepte abzurufen, auch die einzelnen Kochschritte sind möglich. Am Tag vorher speichert Alexa die Zutatenliste auf deinem Handy, damit ist die mit der Hand geschriebene Einkaufsliste passe. Und wenn es einem einmal nicht so gut gehen sollte, dann kann man die Einkaufsliste direkt an den Onlineshop im Interspar weiterleiten und bekommt den Einkauf in die Wohnung geliefert!“

Ich verabschiede mich und denke mir, dass Alexa eine tolle Erfindung ist. Am Abend erzähle ich meinem Mann von diesem Wunderding. Da eröffnet mir mein Mann, dass Alexa alle Daten speichert, aber auch mithört, was gesprochen wird. Für Hertha ist Alexa eine tolle Erfindung, für mich aber nicht, denn ich möchte meine Privatsphäre beibehalten!

© Christine Büttner 2025-05-20

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Komisch, Informativ, Mysteriös
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