MOTIVATION!
Ja, groß geschrieben, weil am liebsten würde ich meine Wünsche lauthals rausschreien, aber da mir das nichts nutzt, formuliere ich sie aus Protest in Großbuchstaben auf Papier. Ich brauche Motivation, vor allem an den Tagen, an denen ich um 7 Uhr morgens aufwache und der Himmel immer noch dunkel ist, der Nachmittag weniger Grautöne hat als 50 Shades of Gray und um 16 Uhr die “Sonne” sich wieder verabschiedet. Ich stecke in einem Körper, der sich nicht nur von Menschen und Schlagzeilen, sondern auch noch vom Wetter beeinflussen lässt. Im Sommer bekomme ich nichts auf die Reihe, weil die Sonne scheint und ich am liebsten nur draußen wäre, und im Winter bekomme ich nichts auf die Reihe, weil die Sonne eben nicht scheint und ich um 16 Uhr sowieso schon das Gefühl habe, ins Bett gehen zu müssen. Vielleicht liegt mein Problem auch daran, dass ich eigentlich sehr wohl produktiv bin, aber meine To-do-Listen sich in die Ewigkeit ziehen und ich immer alles schaffen muss, weil ich sonst das Gefühl bekomme gar nichts getan zu haben. Aber schieben wir alles lieber auf das Wetter.
Eigentlich mag ich ja die Weihnachtszeit: Kekse, Punsch, Weihnachtsmärkte, Weihnachtsfilme, Geschenke, Familie. Ja, die Weihnachtszeit ist eine schöne Zeit, wenn sie nur nicht so stressig wäre. Wenn nur die Preise nicht schon wieder bis zum Nordpol steigen würden und die Nachrichten mich an der Zukunft zweifeln lassen. Für mich war aber Weihnachten immer schon stressig. Schon als Kind verbrachte ich schlaflose Nächte, weil ich nicht verstand, wie der Weihnachtsmann meine Briefe auf Spanisch und Italienisch bekommen würde und dann auch noch dazu in der Lage war, mich in einer kleinen Stadt in Österreich zu finden. Dann war da auch noch die Sache, dass in Österreich sowieso das Christkind kam, und ich mir dachte, dass sich die Beiden jedes Jahr darum streiten wer mir dieses Jahr die Geschenke nach Hause bringen darf? Merkwürdig.
An diesen dunklen Tagen (also jeder Tag nach 16 Uhr) höre ich gerne Weihnachtslieder. I don’t want a lot for Christmas. There is just one thing I need. Aber eigentlich will ich vieles. Ich will eine Welt, in der ich keine Zukunftsängste haben muss. Eine Welt, in der ich nicht jede Woche beim Supermarkt mein Erspartes, das für die nächste Reise gedacht war, opfern muss. Eine Welt ohne patriarchalische, rassistische und homophobe Vorfälle, die sogar in der Weihnachtszeit die Nachrichten dominieren. Eine Welt, in der alle ihren Platz finden und dort auch akzeptiert und geliebt werden. Vielleicht will ich zu viel. Genau wie auf meinen To-do-Listen. Vielleicht wollen die anderen zu wenig.
I don’t want a lot for Christmas. There is just one thing I need.
Ich brauche Motivation. Inspiration und ein bisschen Hoffnung. Wahrscheinlich auch noch einen Mittagsschlaf. Aber vor allem ein paar Sonnenstrahlen oder mehr Lichterketten auf meinem Christbaum, damit die dunklen Tage ein wenig heller scheinen.
© Piera Isabella Bernamonti 2022-12-08