von Hans-Hubert
Ganz groß berichtete die ‚Neue Zeit‘ von einem Hund, der bei einem Meisterschaftspiel beim Anpfiff den Ball schnappte und an der Seite eines Jugendlichen das Stadion verließ. Meine Mutter zeigte mir den Artikel und meinte. das könnte durchaus unser Kuno gewesen sein. Wenn sie gewusst hätte, dass er es tatsächlich war, hätte ich wohl eine Tracht Prügel abbekommen.
Dem Mann mit der Schlinge, der dort meinen Kuno einfangen wollte, hatte ein Jahr zuvor vor meinen Augen mit einer Krücke einen herrenlosen Hund erschlagen. Ich begann nachzuforschen. Er war Ziehvater eines etwa 17 Jahre alten kräftig gebauten aber behinderten jungen Mannes, mit dem er in einem heruntergekommenen Einfamilienhaus am Stadtrand wohnte.
Der Junge konnte kein Wort herausbringen und versuchte meist vergebens, sich mit unartikulierten Lauten bei hektischen Bewegungen verständlich zu machen. Ich kannte ihn aus einem Zwischenfall am Eislaufplatz, als er meine Schwester mit seinen kräftigen Händen würgte und gleich 3 Eishockeyspieler vergeblich versuchten, ihn loszureißen. Er war wohl gehänselt worden und wählte das schwächste Mitglied seiner Peiniger um sich zu wehren. Auch begleitete er die Fußballmannschaft zu allen Spielen und war so etwas wie ein ‚Maskottchen‘. Bei Spielen konnte man seine Schreie weithin hören. Regelmäßig kamen beide zu Veranstaltungen im Fußballstadion, wobei dieser regelmäßig schon vor dem Hauptspiel so betrunken war, dass ihn sein Zögling am Fahrradanhänger nach Hause karrte, um dann eiligst zurückzukehren, um seine Mannschaft anzufeuern.
So geschehen auch an jenem Tag, als ich mit meinem Freund ein wieder einmal ein Meisterschafsspiel besuchte. Anschließend lud ich ihn ein, mich zum Haus des Hundefängers zu begleiten. Die Gartentüre war wie die Türe zum Haus und dem angebauten Schuppen nur angelehnt. Als ich die Türe zum Schuppen aufstieß, kam mir ein fürchterlicher Gestank entgegen. Drinnen aufgehängt jede Menge an Hunde- und Katzenfellen. Im Haus lag der Hundefänger bewusstlos auf einem vor Schmutz starrendem Sofa. Ich holte aus dem Schuppen einen der dort herumliegenden Säcke. Gemeinsam steckten wir den Hundefänger den Sack über und schnürten ihn zu …. Rache ist süß!
Am nächsten Tag dann auf der ersten Seite der ‚Neuen Zeit‘ die Schlagzeile >Hundefänger vom Ziehsohn erschlagen<. Darin wurde berichtet, dass in einem Einfamilienhaus ein Mann – der weithin als Hundefänger bekannt war – erschlagen wurde und sein Ziehsohn unter Mordverdacht steht. Nach Aussagen seiner Mutter – nur sie konnte sich mit ihren Sohn verständigen – war er wie immer nach dem Fußballabend nach Hause gekommen. Dort hatte ihm sein Ziehvater einen Sack mit einem Hund hingelegt, den er wie immer erschlagen habe. Als er das tote Tier herausnehmen wollte, erkannte er seinen Ziehvater…. Da strafunmündig wurde er in eine geschlossene Anstalt gebracht, ein halbes Jahr später traf ich ihn wieder am Fußballplatz.
© Hans-Hubert 2020-12-02