von DasWildeRudel
Die wandersüchtigen, selbsternannten „Genießer“ nutzten die (Nach-) Mittagspause, um die Turbotreter mal abzulegen, ganz zur Freude von Ingrid und insgeheim mir, da die pralle Sonne nicht zum Weitergehen animierte. Ein Teil der Gruppe entschied sich, zu einem nahen Bergsee zu wandern. „Freiwilliger Umweg“. Ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich blieb zurück, mit Ingrid und Kathi.
Später meinte Ingrid, dass wir noch ein wenig Sessellift fahren sollten, wir waren natürlich begeistert uns den Berg rauf und runter kutschieren zu lassen. Kurz vor der Bergstation wanderte mein Blick zu den deutlich an die Grenze zu Deutschland vorrückenden Wolken. Den Lift ins Tal zu nehmen, definiert den Begriff „Komfort“ komplett neu – andere Sichten, die man da bekommt. Und die Blicke der Liftwärter, als wir viele Male hoch und runter fuhren, waren unbezahlbar.
Doch zur 5. Bergfahrt fielen die Wolken, mittlerweile deutlich schwärzer, endgültig in Deutschland ein. Auf Ingrid’s Kommando sprinteten wir im beginnenden Regen wie gestochene Schafe zu den Sesseln in Richtung Talstation, um der anrückenden Front zu entkommen. Die Einsicht, besser oben zu bleiben, kam erst, als die Füße bereits in der Luft waren.
Im ersten Drittel der Strecke schüttete es aus allen Eimern. Außer uns hatte sich niemand mehr auf den Lift gewagt. Alle wurden nass, bis auf Ingrid. Die hatte nämlich ihren Regenmantel in der Tasche, während meiner im Rucksack meiner Eltern schlummerte. Kathi erging es ähnlich.
Wer gedacht hat, es kommt nicht noch schlimmer, wird enttäuscht. Wir hatten die Hälfte der Strecke klitschnass zurückgelegt, da streichelte mein Ohr das liebreizende Geräusch eines nahenden Donners – Gewitter also auch noch. Immer näher am Sessellift – ich lieferte mir bereits einen innerlichen Kampf mit Körper und Geist, wer zuerst die Nerven verliert.
Wir waren ein kleines Stück weitergefahren, da entschieden sich die Wärter dazu, den Lift für fünf Minuten anzuhalten. Da hingen wir, in den Seilen, 20 Meter über dem Boden, im Wind schaukelnd. Später ging es dann weiter, stets im stockenden Verkehr – Stau auf der A1 Richtung Tal. Und in deutlich langsamerem Tempo. Endlich kamen wir an der Talstation an, wurden direkt mit Decken ausgestattet und in das beheizte Kassenhäuschen geschleust. Hier hatte man schließlich schon Erfahrung mit solchen Touristen.
Die Gruppe am See ließ sich natürlich schön Zeit. Die waren, als das Gewitter anfing, gerade am Seecafé angekommen und konnten es sich gemütlich machen. Wäre ich mitgegangen, hätte ich mir die ganze Nässe sparen können. Und das sollte eine Lehre für mich sein, meine Fußfaulheit etwas zu kurieren! Und das Beste daran: kaum war man vom See losgegangen, kam auch die Sonne wieder raus. Eine bessere Ohrfeige gibt’s doch gar nicht. Ich kann heute darüber nur noch herzlich lachen.
Nächstes Mal, liebe Ingrid, steigen wir NICHT auf einen offenen Lift, wenn es bereits anfängt zu regnen!
©Felix
© DasWildeRudel 2021-08-29