von Gedanken Fluss
Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr etwas um alles in der Welt wollt und denkt, dass ihr vollkommene Zufriedenheit erlangt, wenn ihr es habt? Dann kommt der Tag, an dem euer Wunsch wahr wird und ihr da angekommen seid, wo ihr hinwolltet und urplötzlich merkt ihr, dass das Glück nur von kurzer Dauer ist.
So oder so ging es mir die letzte Woche. Ich hatte Mitte Februar die Zusage für meine Wohnung bekommen und konnte Mitte März einziehen. Eine kleine gemütliche Zweizimmerwohnung in einer guten zentralen Lage und zehn Minuten Fahrweg mit dem Rad zur Arbeit für einen guten Mietpreis hörten sich super an. In meinem Kopf hatte ich mir schon alles zurechtgelegt, wie ich die Wohnung gerne einrichten wollte, welch farblichen Akzente ich im Bad und in der Küche setzen konnte, sodass alles farblich passt. Ich freute mich so sehr und dachte, nun wird alles gut, vielleicht sogar ein Stück weit besser und ich kann das Leben führen, wonach ich mich so lange sehnte und vor allem nach der Arbeit in Ruhe runterkommen.
Als der Einzugstermin näher rückte und ich mit dem Packen anfangen musste, wurde mir komisch zumute. Obwohl ich mit meinen 28 Jahren erwachsen bin und gut auf eigenen Beinen stehen kann, kamen mir große Bedenken und Zweifel. Hatte ich doch zu unüberlegt gehandelt und mich in etwas reingestürzt? Aber wozu noch Zeit vergeuden, man wird bekanntermaßen nicht jünger und irgendwann muss sich ja jeder von seinen Eltern abnabeln.
Zusammen mit meinem Bruder und Vater fuhren wir meine Sachen in die neue Wohnung, und mit jeder Autofahrt wusste ich, dass es kein Zurück gibt (wobei es das schon bei Vertragsabschluss nicht mehr gab).
Als der Tag aller Tage kam und ich alleine mit meinem ganzen Kram in der Wohnung war, ging meine Laune Schlag auf Schlag runter. Vielleicht war es nur der Anfang und ich muss mich noch an den neuen Umstand gewöhnen. Ich fing an meine Sachen einzuräumen; wenn schon in meinem Kopf keine Ordnung war, sollte sie zumindest in meiner Wohnung herrschen.
Ich fühlte mich leer und vor allem fühlte ich mich nicht glücklich und erfüllt. Ich hatte das Gefühl, meine Eltern alleine zu lassen. Schuldgefühle kamen in mir hoch und ich weinte im unmöblierten Wohnzimmer. Nur die leeren Wände sahen mich weinen und hörten meine Gedanken.
Das ist doch immer dasselbe, man wünscht sich was aus tiefstem Herzen und kaum geht es in Erfüllung, hält sich die Freude in Grenzen. In unseren Köpfen ist alles perfekt und bis ins kleinste Detail geplant. Ich habe das Gefühl, einen Traum gelebt zu haben, und komme mir zum Teil dumm vor, dass ich glaubte, ein Umzug würde alles ändern.
Aber wie heißt es so schön, Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.
© Gedanken Fluss 2022-03-23