von Jörg Gschaider
Mit dem Postbus gab es allerlei lustige Begebenheiten. Einige wenige Highlights: Eines schönen Morgens fuhr der Bus einfach an der Haltestelle vorbei. Am Beschwerdetelefon sagte man mir, ich hätte winken müssen, um den Bus zum Halt zu bewegen. Eine famose Idee! Was wäre es für ein schönes Bild, begrüßten an einer Wiener U-Bahn Station alle potenziellen Fahrgäste den einfahrenden Zug mit einem Winken? Meine Tochter durfte des öfteren aus dem Fenster ihres haltenden Busses beobachten, wie der Anschlussbus abfuhr. Die Hälfte ihres Gehalts ging für weiterfahrende Taxis auf. Ein anderes Mal war die Haltestelle Thalheim nach Gutdünken des Fahrers großräumig umfahren worden. „Ach, in Thalheim hättest aussteigen wollen?“, war die Frage des Chauffeurs, als er sie in der Pampa aus dem Fahrzeug entließ. Die Antworten auf Beschwerden waren allesamt standardisiert: „Nach Rücksprache mit dem Fahrer war alles in Ordnung!“
Kurz nach Schulbeginn wollte mein Sohn den Antrag fĂĽr den Schulausweis bei einer Dame, die den Bus lenkte, abgeben und bezahlte den dafĂĽr nötigen Betrag. Leider war der Antrag fehlerhaft. Die Dame bat ihn, den Antrag nochmals auszufĂĽllen und am nächsten Tag beim Chauffeur abzugeben. Tags darauf verweigerte der Fahrer die Annahme des Formulars und verwies ihn an die Stadtwerke. Ich begab mich mit Formular und Quittung zu den Stadtwerken Judenburg. Auch dort wurde unter Verwunderung der Antrag nicht angenommen und ich wurde zur Postfiliale delegiert. Dort wurde ebenfalls – unter Hinweis auf die Zuständigkeit des Fahrers – die Annahme verweigert. Mein Sohn wollte das Papier dem Chauffeur des nächsten Busses ĂĽbergeben, welcher ebenfalls das Formular nicht annahm und den jungen Mann wiederum an die Stadtwerke verwies. Seither hat mein Sohn den Bus von Pöls nach Thalheim unter MitfĂĽhrung des verweigerten Antrags und der Quittung der Bezahlung desselben benĂĽtzt.
Vor einigen Tagen wurde ihm der Transport unter wüsten Beschimpfungen just von dem Lenker verweigert, der zuvor das Formular nicht angenommen hatte. Wie man weiß, gibt ein Wort das andere und so kam es zum Streit, der damit endete, dass der Schüler nicht einsteigen dürfe, sofern er die Strafe für Schwarzfahren in der Höhe von 70 Euro nicht auf der Stelle entrichte. Pflichtbewusst wollte der junge Mann zur Schule … Ein Anruf bei der Beschwerdestelle folgte: „Da es sich offensichtlich um keine Schwarzfahrt handelte – der Ausweis war ja bezahlt, nur unzugänglich – darf ich höflich ersuchen, den Betrag von 70 Euro zurückzuerstatten und das Beflegeln der Fahrgäste zukünftig zu unterlassen.“ „Wir werden dem Fall selbstverständlich nachgehen“, war die Antwort eines freundlichen Herren am Telefon.
Richtig geraten, werter Freund und Leser. Die letztendliche Antwort war standardisiert: „Nach Rücksprache mit dem Fahrer war alles in Ordnung!“Und mein Sohn durfte folglich den Bus nicht benützen, so er sich beim Fahrer nicht entschuldigte.
© Jörg Gschaider 2022-01-25