Alltag in Corona Zeiten

feuervogl

von feuervogl

Story

Es war eine typische Wochenendbeziehung. Pendeln zwischen Waldviertel und Burgenland, sind 250 km – eine Strecke. Freitagmittag ist auch die Südautobahn überfüllt, damals zumindest. Dann freuten wir uns zuerst mal über uns und keiner dachte an Alltag oder sowas Ödes. Einkäufe wurden zu Ereignissen, gemeinsam Kochen ebenfalls, weil wir ja über die Nachspeise oder auch die Vorspeise Bescheid wussten. Später ging sie nach Tirol und es waren plötzlich 500 km – eine Strecke. Da fragte ich mich dann schon manchmal was ich da eigentlich mache? Wie bescheuert muss man sein, solche Wochenendbeziehungen aufrecht zu erhalten? Aber letztendlich, wie weit es auch sei, es blieb eine Wochenendbeziehung mit all dem Thrill, der Weglassung von störendem Tonalem, damit der Rest aufregend bleibt. Kann diese Art von Beziehung wirklich darstellen, wie wir tatsächlich kompatibel wären?

Naja, wir haben es dann ausprobiert und sind zusammengezogen. Die erste Zeit steckten wir rund um die Uhr zusammen. Doch da war die Freude über das jederzeit verfügbare sinnliche Vergnügen ein toller Kitt, der alles andere überdeckte. Es wurde leichten Herzens staubgesaugt, abgewaschen, eingekauft, gekocht und klogeputzt ohne Probleme miteinander zu kreieren. Alles paletti denkt man. Doch bevor der Alltag wirklich seine Krallen zeigen konnte, waren wir dann beide berufstätig und es wurde quasi wieder eine Wochenendbeziehung, was die großen tonalen Notwendigkeiten betraf, ja und das Romance ebenso. Denn wenn sie am Abend heimkam war ihr nach Füße hochlegen und nicht nach Bettgymnastik. Was auch sehr verständlich ist. Aber nach ein paar Jahren schleift sich das dann eher unerotisch ein und ist eben auch sowas wie eine Wochenendbeziehung.

Dann kam Corona. Sie im Homeoffice, ich arbeitete ja immer schon Home. Trotzdem war nun alles anders. Zuhause bleiben und nun auf einmal wirklich miteinander auskommen ist die Devise. Wer macht was und wann? Der ganze Tagesablauf ist völlig neu zu strukturieren. Alles Tonale nun mit dem beruflichen abzustimmen, inklusive Romance nicht zu vergessen.

Nun haben wir eine wirkliche Zweierbeziehung täglich und stündlich! Jetzt zeigt sich wie „zusammen“ wir wirklich sind. Was sich all die Jahre als unsere Unterschiede herausstellte, von dem man sagen könnte: „die passen nie zusammen“. Sie merkt sich alle Geburtstage ich mir fast keinen, wir kochten oft zwei unterschiedliche Gerichte für ein gemeinsames Essen, sie liebt Rosamunde Pilcher und ich Werner Herzog, sie Roland Kaiser ich Eric Burden, nur bei Rudi Pietsch treffen wir uns und interessanterweise auch bei Arvo Pärt. Sogar auf das öde TV Programm können wir beide leichten Herzens verzichten.

Nunmehr zeigt sich ein innerer Zusammenhalt von zarter Schönheit. Und dass wir uns stützen und schützen können und uns öfter einfach umarmen als sonst.

Da merkt man erst, was wirklich wichtig ist, in einer Beziehung. Dank Corona.

Dank meiner wunderbaren Frau.

© feuervogl 2020-03-28

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