Am späten Nachmittag kommt der Fischkutter zurück. Er muss sehr erfahren und mutig sein, der Kapitän ein alter Seebär schätze ich, der die Tücken des Meeres kennt. Er schwenkt auf seinen Liegeplatz ein, lässt seinen Anker fallen und fährt seinen Kutter sehr vorsichtig rückwärts an den Pier heran. Kein Manöver zu viel, jeder Handgriff sitzt. Beinahe gleichzeitig als der Fischkutter in den Hafen kommt, fährt vorsichtig ein weißer Kombi, die aufgeweicht, glitschige Lehmpiste bis zu uns an die Mole hinunter. Der Fahrer kommt ganz dicht, fast zum Heck des Fischkutters zum Wasser ran.
Eine alte Frau liegt unter Decken festgebunden.
Auf einer provisorisch zusammengebastelten Bahre aus Brettern. Sie scheint schwerkrank zu sein, der Schlauch einer Infusionsflasche lugt unter der Decke hervor. Ihre Augen sind geschlossen. Sie liegt bewegungslos auf einfachen Brettern, als würde sie nichts davon mitbekommen was mit ihr gerade geschieht. Die Männer an Bord und an Land haben große Mühe sie sehr vorsichtig balancierend, vom schaukelnden Schiff, sicher über das Brett der provisorischen Gangway, an Land zum Auto zu tragen.
Ein mutiger Fischkutter Kapitän, ich bewundere ihn sollte ich jemals gerettet werden müssen, wünsche ich mir einen Mann, wie ihn der mich rettet. Schirokko ist wieder zahm, er hat sich genug ausgetobt. Geregnet hat es auch genug, in den Tagen unserer stürmischen Isolation.
Wir stecken unsere Nasen wieder ins Freie, machen alle Fenster und Türen weit auf. Die Sonne trocknet die Pfützen und den matschigen Lehmboden des Hafengeländes schnell wieder auf.
Ich fahre mit unserem griechischen Brötchenmann, der jeden Morgen frische Brötchen vorbeigebracht hat, zum Supermarkt zum einzukaufen. Und weil es für mich eine Stunde Fußmarsch mit Gepäck gewesen wäre, bringt er mich und meine Taschen auch wieder zum Schiff zurück.
Es gibt wirklich nette Menschen auf Stefanos. Was für ein wundervoller Service. Am Abend marschieren ganz nach oben, den Berg der Lehmgrube hoch. Und schauen uns mal die Insel von oben an. Hoch oben auf dem Plateau marschieren wir zum erst, besten Hotel und feiern mit einem griechischen Essen und einer Flasche griechischer Wein, unser Überleben nach dem Sturm
© Christine Trautwein 2021-04-03