von Rebecca Borde
An dem Tag, an dem du gegangen bist, schien die Sonne ein wenig heller. Ich kann es mir immer noch nicht erklären, aber es war so. Keiner von uns wollte dich gehen lassen und wir vermissen dich mit jeder Sekunde. Trotzdem wissen wir, dass es so besser für dich war. Die Sonne hat es uns gesagt. Der Tag war so hell und warm und wunderschön als wollte der Himmel uns danken, dass wir dich gehen lassen haben. Endlich bist du zu Hause. Wenn Zuhause wirklich da ist, wo unsere Geliebten sind, hättest du schon viel eher gehen sollen. Denn die Person, die dir wohlmöglich am meisten bedeutet hat, ist diesen Weg schon lange vor dir gegangen. Und jetzt bist du endlich zu ihr zurückgekehrt. Und dann stelle ich mir vor, dass ihr für immer zusammen seid und dass es gut ist. Dann denke ich daran, wie du lächelst und diese Sätze sagst, die du immer vor dich hingemurmelt hast. Du hast dich jedes Mal über die kleinen Dinge gefreut. Ein bunter Vogel auf deinem Balkon oder ein schönes Gedicht in einem Buch, das noch von einem anderen Zeitgeist in diese neue Welt getragen wurde. Überhaupt konntest du mit dieser neuen Welt nicht viel anfangen. Du hast sie nicht verstanden und das hattest du auch nie vor. Du wusstest, dass damals alles besser war und deswegen hoffe ich, dass dieses Damals ein Jetzt ist, da wo du bist.
Wenn wir jetzt in eurer alten Wohnung sind, ist es still. Früher war es bei euch auch still, denn ihr habt nie viel gesprochen. Aber das hier ist eine andere Stille. Sie ist schwerer und endlicher. Deine rote Strickjacke liegt immer noch im Flur und ich frage mich, ob du sie nicht mehr brauchst. Scheint die Sonne so warm, dass es nicht mehr kalt ist, da wo du jetzt bist? Denn hier hast du immer gefroren. Die Jacke würde ich dir gerne bringen und wenn du sagst, du brauchst sie nicht mehr, würde ich sie wieder mitnehmen. Das würde mir nichts ausmachen. Meine Mutter hat gefragt, ob ich die Jacke haben möchte, aber ich könnte sie nicht tragen. Es ist doch Deine und was sollst du anziehen, wenn es schneit?
Manchmal wünschte ich, wir hätten wenigstens ein Gespräch mehr führen können. Ich hätte so oft anrufen können und habe es nicht getan. Hoffentlich verzeihst du mir das und bist endlich wieder glücklich, jetzt wo ihr beiden wieder zusammen seid und du die Chance hast, dein ewiges Glück in einer anderen Welt zu finden.
© Rebecca Borde 2021-09-24