von HelgaP
Ich stehe vor dem großen Spiegel und versuche meine Körperhaltung, meine Mimik und meine Worte würdig, klar und ausdrucksstark zur Geltung bringen zu lassen. Zwischendurch finde ich mein Spiegelbild allerdings eher doof und spüre ein Lachen in mir aufsteigen, das ich nur mit großer Mühe unterdrücken kann. Jetzt ist aber keine Zeit für kindisches Gegacker. In ungefähr einer Woche ist es soweit: meine erste Buchpräsentation soll stattfinden.
Die Einladungen sind verschickt, viele Zusagen sind schon eingetroffen und ich spiele den Ablauf des Abends immer wieder vor meinem geistigen Auge vor mir ab. Habe ich wirklich an alles gedacht? Was könnte ich an der Dekoration noch optimieren? Wer soll nach der Lesung die Bewirtung übernehmen? Soll ich doch noch jemanden bitten, einen Kuchen mitzubringen?
Ich habe sehr mit mir selbst gerungen, seit mein Buch fertig gedruckt vor mir lag: soll mein Buch mit Geschichten aus meinem Leben mit dem Thema Christine Lavant als „roter Faden“ nur mir und meiner Familie zugänglich werden oder will ich mein Büchlein doch in einem größeren Rahmen präsentieren? Je nach meiner Tagesverfassung schwankte ich zwischen den beiden Möglichkeiten hin und her. Nachdem mir das Thema Christine Lavant aber wirklich eine Herzensangelegenheit ist, beschloss ich streng zu mir selbst zu sein: dieses Buch soll hinaus in die Welt. Dieser Herausforderung will ich mich stellen. Ein wenig sehe ich es ja als meine Mission, Christines Werk so vielen Menschen wie möglich näher zu bringen. Durch die Lektüre meines Buches werden Leser sich vielleicht für ihre Lyrik und Prosa interessieren. Das wünsche ich mir jedenfalls sehr.
Wie etwas, das einem selbst lieb und teuer ist, bei einer Präsentation von der Umwelt aufgenommen wird, ist eine etwas bange Frage. Aber ich habe beschlossen mit List zuwege zu gehen: so habe ich zu meiner Veranstaltung nur Menschen eingeladen, die mir sympathisch und lieb sind. Darum hoffe ich, dass mein Büchlein bei seinem ersten Auftritt in der großen Welt auch in eine sympathische und wohlwollende Atmosphäre hineingeboren wird. Ein positiver Start führt hoffentlich auch zu einem weiteren guten erfüllten Bücherleben.
Je öfter ich meine Eröffnungsrede und meine ausgewählten Geschichten übe, desto mehr steigt Freude auf meine Veranstaltung in mir auf. So beginne ich wieder mit der Begrüßung, merke aber, dass meine Gedanken plötzlich wieder in alle Richtungen davonlaufen und ermahne mich, ordentlich den Fokus zu bewahren. Noch einmal das Ganze. Ich vermute, dass ich, wenn ich wirklich vor meinem Publikum stehen werde, mit einer ganz anderen Präsenz meine Worte wählen kann, als hier vor meinem eigenen Spiegelbild. Aber Übung ist ja trotz allem die Mutter der guten Leistung und so nehme ich meine Stichwortzettel wieder in die Hand und die Begrüßungsrede wird erneut begonnen. Wenn ich meine Buchpräsentation gut über die Runden gebracht haben werde, hoffe ich, dass einerseits eine Last von meinen Schultern fallen wird, andrerseits kann ich hoffentlich auf einen schönen Abend zurückblicken. Wer mag, kann mir gerne die Daumen halte!
© HelgaP 2023-11-01