Unendlich ist die Erinnerung

PetraBrigitte

von PetraBrigitte

Story

Liebe Oma, weißt du noch? Wie sehr ich deinen grossen Garten mochte? Es blĂŒhten die schönsten BlĂŒmchen in allen Farben und Formen, die MarienkĂ€ferl liebten diese angelegten Beete mit all der Pracht. Weniger mochten sie, dass ich sie einfing und in ein Gurkenglaserl sperrte. Immerhin befanden sich ein paar Grashalme drin und in den Deckel hast du und ausdrĂŒcklich nicht ich, weil du zu viel Angst hattest, ich könnte mich verletzen, Löcher mit dem scharfen Messer reingestochen. Damit die MarienkĂ€ferl Luft kriegen. Abends vorm Schlafengehen wĂŒnschte ich den rotgepunkterlten Tierchen eine gute Nacht. Am nĂ€chsten Morgen waren sie weg…du erklĂ€rtest mir, die brauchen ihre Freiheit. Ich wurde nicht mĂŒde, wieder welche einzusammeln, mit der Gewissheit, dass du sie eh wieder rauslĂ€sst.

Dein Haus lag direkt an der Hauptstrasse. Im Vorgarten hattest du diese grossen StrĂ€ucher gesetzt. Kannst du dich erinnern, dass du gerne das Eis gegessen hast in der Form von einem Rumfass? Das ist nix fĂŒr Kinder, hast du gesagt und ich kriegte das in der Form der Orange. Und irgendwann kam ich auf die Idee, diese auf die StrĂ€ucher zu hĂ€ngen. Zuerst hast du gesagt „ah geh, was soll das?“, dann hast du selbst so gelacht, wenn wieder mal vorbeigehende Passanten erstaunt stehen blieben und die orangen FrĂŒchte bewunderten. Du wurdest beim Greissler darauf angesprochen und hast gegrinst, ohne unser Geheimnis zu verraten.

Die zahlreichen Erdbeerenpflanzen in deinem Garten waren aber echt. Darauf bestehe ich! In den 80ern war es nicht ĂŒblich, dass man die roten FrĂŒchte 365 Tage im Jahr einfach so im GeschĂ€ft kaufen konnte. Du hast sie in Gefrierbeutel portionsweise eingefroren. FĂŒr mich. Wenn ich bei dir ĂŒbernachtete, hast du diese abends aufs Fensterbankerl gelegt, der Heizkörper darunter sorgte dafĂŒr, dass sie morgens aufgetaut waren. Matschig waren sie, aber so gut und ich glaube, ich habe nie mehr welche gegessen, die so intensiv schmeckten.

Du wurdest selten mĂŒde, trotz deiner gesundheitlichen Beschwerden, mit mir Federball zu spielen und wenn doch, dann hast du mit den Jolly Karten aufgetrumpft. Und wir spielten Runde um Runde nach unseren eigenen Regeln. Da hat es oft nicht gereicht, nur die Augen zuzudrĂŒcken, sondern auch die HĂŒhneraugen.

Erinnerst du dich noch an unsere Silvesterabende? An uns zwei in deiner kleinen Wohnung, an den Karl Moik und seinen Musikantenstadl? Du hast uns belegte Brote gemacht, die Wurst und der KĂ€se gut getragen von einer dicken Schicht Mayonnaise. Und es gab Coca Cola zur Feier des Tages. Aber nicht ohne den Nachsatz „Trink net z’viel, sonst kaunst nochher net schlofa“. Ach Oma, ich weiß nicht, ob es daran lag oder einfach, weil ich noch beseelt war vom schönen Abend mit dir. Ich erinnere mich an das wohlig warme GefĂŒhl, wenn ich mich zu dir ins Doppelbett legte. In deinem Schlafzimmer hing immer der Geruch von China Öl, das gehörte einfach dazu. Wie das Milka Napserl als Betthupferl und ein liebevolles „schlaf gut, Petzi“.

© PetraBrigitte 2020-08-03