von Andreas Trimmel
Ein warmer, sonniger Spätnachmittag unter der Woche, im Monat Mai, in einer Großstadt in Österreich. Vier im Business-Outfit gekleidete Personen – zwei Frauen, zwei Männer – spazieren zum Wagen auf dem kleinen Parkplatz neben einem Bürogebäude am Rande der Innenstadt. Eine der Personen entriegelt den schwarzen Mittelklasse-SUV. Die Türen werden geöffnet und die vier Personen steigen ein. Zwei vorne, zwei hinten. Ihre Taschen – in jedem ein Notebook und einige andere Utensilien – haben sie zuvor im Kofferraum des Wagens verstaut.
Das Klicken beim Anlegen der Sicherheitsgurte ist zu vernehmen. Dann startet der Fahrer den Wagen und die vier rollen los. Nach dreißig Minuten im Berufsverkehr haben sie ihr Ziel erreicht. Der Fahrer stellt den Wagen ab und die vier steigen aus. Nachdem der Wagen versperrt wurde schlendern sie, fröhlich und angeregt plaudernd, ins belebte Lokal am Ende der Straße. Sie treten ein – und hinter ihnen fällt die Tür mit einem sanften „Klick“ ins Schloss …
Ein anderer Spätnachmittag, ebenfalls unter der Woche, ebenfalls im Monat Mai, ebenfalls warm und sonnig, in einer Großstadt in einem anderen europäischen Land. Vier im Business-Outfit gekleidete Personen – zwei Männer, zwei Frauen – spazieren zum Wagen auf dem kleinen Parkplatz neben einem Bürogebäude am Rande der Innenstadt. Die Türen werden geöffnet und die vier Personen steigen ein. Zwei vorne, zwei hinten. Ihre Taschen – in jedem ein Notebook und einige andere Utensilien – haben sie zuvor im Kofferraum des Wagens verstaut.
Das Klicken beim Anlegen der Sicherheitsgurte ist zu vernehmen, ebenso das Verriegeln der Türen. Dann startet der Fahrer den Wagen und die vier rollen los. Nach dreißig Minuten im Berufsverkehr haben sie ihr Ziel erreicht. Der Fahrer stellt den schwarzen Mittelklasse-SUV ab und entriegelt ihn. Die vier steigen aus und schlendern, fröhlich und angeregt plaudernd, ins belebte Lokal am Ende der Straße. Sie treten ein – und hinter ihnen fällt die Tür mit einem sanften „Klick“ ins Schloss …
Zwei Beschreibungen über zwei genau so geschehene und erlebte Begebenheiten. Auf den ersten Blick gleich, vollkommen ident. Und doch in einem Punkt so grundverschieden. Sind’s die unterschiedlichen Kulturen? Ist’s die Gesellschaftsentwicklung, die an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten Einzug hält?
Ich hab’s nicht verstanden. Da, wo ich herkomme, versperrt man den Wagen, wenn man ihn abstellt, wenn man ihn verlässt. Damit möglichst nichts gestohlen wird – auch nicht der Wagen selbst. Und wenn man drinnen sitzt und fährt, ist er nicht abgesperrt. Damit man jederzeit aussteigen kann, ohne auf die Elektronik angewiesen zu sein. Und Diebe meiden besetzte Wägen ohnehin.
Ich fragte also, warum das in der anderen europäischen Großstadt nicht so sein sollte. Ich fragte, warum der Wagen noch vor dem Losfahren versperrt wurde. Und bekam ein „Damit bei den Stopps an den Ampeln niemand etwas aus dem Wagen entwenden kann“ retour. Ich legte nach: „Und warum sperrt ihr den Wagen, wenn ihr ihn abstellt und verlasst, NICHT ab?“ Die ebenso einfache wie bestechende Antwort: „Der, der rein will, kommt sowieso ein. Und dann wird wenigstens nichts kaputt.“
© Andreas Trimmel 2023-05-06