von Norbert Netsch
In der 8. Klasse hätte ich mich voll und ganz auf die Matura konzentrieren sollen, ich wollte mich aber lieber als Redakteur der Schülerzeitung in Szene setzen. Zufällig wusste ich, dass André Heller einige Jahre meine Schule, das G13 in der Fichtnergasse, besuchte. Er war 1978 gerade 31 Jahre alt und brachte schon seine zehnte LP namens „Basta“ heraus. Von all dem wusste ich allerdings so gut wie nichts.
Mein Plan lag nicht in der Gestaltung eines niveauvollen Interviews – ich hatte auch gar keine Ahnung, wie das funktioniert – sondern ich wollte selbst damit berühmt werden, dass ich einen berühmten Menschen interviewe. So fragte ich bei älteren LehrerInnen nach, wie denn der Schüler André Heller gewesen war und bot seinem Management an, dass ich ihm erzähle, was über ihn an der Schule gedacht wird, wenn er mir dafür ein Interview für die Schülerzeitung gäbe. Es funktionierte.
Es kam mir damals auch in den Sinn, das Private mit dem Beruflichen zu verbinden. So fragte ich meine damalige Freundin, mit der ich erst wenige Wochen zusammen war, ob sie mich nicht zum Interview begleiten möchte. Man weiß letzten Endes nie genau, was ausschlaggebend für eine erfolgreiche Beziehung war. Jedenfalls sind wir heute, 42 Jahre später, immer noch zusammen.
Das Interview selbst verlief allerdings nicht sonderlich glücklich. Ich erzählte Heller zwar, was seine LehrerInnen über ihn sagten, wusste aber nicht, was ich Sinnvolles fragen könnte. Vorbereitung war damals nicht nur an der Schule, sondern eben auch beruflich nicht meine Stärke.
Meine Mutter liebte „Das berühmte Jean Harlow Lied“ von Heller und drehte das Radio laut, wenn es gespielt wurde. Mir war „Und dann bin i ka Liliputaner mehr“ in Erinnerung. Ich wusste zwar nicht, worum es eigentlich ging, aber unbewusst sprach mich der Titel als Lebensprogramm wohl damals schon an.
Ich habe kaum eine konkrete Erinnerung an dieses Interview. Mir fiel die außergewöhnliche Einrichtung in seiner Hietzinger Villa auf, die in der Nähe der Fichtnergasse lag. Und es fiel mir auf, dass er gegen Ende des Interviews schon etwas genervt war und laut seiner Haushälterin zurief: „Frau Maria, lassen Sie mir ein Bad ein.“ Das fand ich am Nachmittag etwas ungewöhnlich, weiß aber nicht, ob ich es in der Zeitung thematisiert habe.
Keine Ahnung, was in diesem Artikel letzten Endes stand. Ich weiß nur, dass ich von den beiden Zeitungsmachern 1000 Schilling dafür bekam, und das machte mich stutzig. Warum können die mir so viel bezahlen? Woher haben sie das Geld? Mit dem Verkauf der Zeitung kann sich das doch nicht ausgehen?
Ich wurde neugierig und fragte nach: Ja, da gab es noch die Inserate und für die bekam man viel Geld, zumal gerade in der Fichtnergasse einige SchülerInnen reiche Eltern mit gut gehenden Firmen hatten, die das Projekt unterstützten. Zeitungsmacher sollte man sein! Als Redakteur war ich immerhin schon geschickt genug, um Heller zu fragen, was er von Danzer und Ambros hielte…
© Norbert Netsch 2020-08-07