Anfang und Ende

Wer diese Zeilen liest, hat genau wie ich, Olivers Vergangenheit hinter sich gelassen und ist mit ihm und mir gemeinsam wieder in der Gegenwart angekommen. Sie werden mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass es teilweise eine sehr beschwerliche Reise war. Als ich damit begann, diese außergewöhnliche Lebensgeschichte in Worte zu fassen, war ich mir nicht sicher, wie und in welcher Form ich seine Erinnerungen zu Papier bringen wollte. Die Entscheidung wurde mir beim Schreiben einfach aus der Hand genommen und herauskam ein zeitgeschichtliches Dokument. Zur Wahrheit gehört dazu, dass, vor nicht allzu langer Zeit, es auch bei uns in Deutschland noch üblich war, dass Menschen mit Einschränkungen, keine, oder im besten Falle, wenig Teilhabe am Leben hatten. Tatsache ist auch, dass Kinder und Jugendliche in Heimen Erziehungsmethoden ausgesetzt waren, die mit Strafen, Kontrolle, Gewalt, Demütigungen und Einschüchterungen einhergingen. Erst in den siebziger Jahren fand ein gravierender Wechsel zur gewaltfreien Erziehung statt. Auch im Umgang mit behinderten oder eingeschränkten Menschen veränderte sich unsere Gesellschaft hin zum Positiven. Die ersten Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, die örtlichen Lebenshilfe Vereine und Einrichtungen entstanden. Neue Wohnheime wurden erbaut, in denen Menschen mit Einschränkungen in Wohngruppen weitgehend selbstbestimmt leben können. Oliver hat diese Wechsel hautnah und im vollen Umfang erlebt. Sein Leben nahm erst in dem Moment einen guten Verlauf, als ein engagierter Ersatzdienstleistender ihm von einem Heim berichtete, in dem der Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ als Leitbild fungierte. Auf Olivers sozialen Hintergrund möchte ich nicht nochmals näher eingehen. Ich hoffe aber sehr, dass es mir gelungen ist, die familiäre Situation vorurteilslos und sachlich so zu beschreiben, wie sie eben war. Zum Schluss möchte ich mich bei Oliver sehr herzlich für sein Vertrauen bedanken, dass er mir dadurch entgegenbrachte, in dem ich seine ganz persönliche Geschichte aufschreiben durfte.