nach einer ostasiatischen Legende
Vega war eine himmlische Prinzessin, eine Göttin des Himmels. Unsterblich zwar, doch von einer tiefen Müdigkeit erfüllt, da es schien, als würde sie für alle Ewigkeit allein bleiben. Von der Monotonie des Himmelsreichs gelangweilt, stieg sie heimlich hinab in das Reich der Sterblichen, um den Tristessen zu entfliehen.
Altair war ein einfacher Hirte in der Welt der Menschen. Wenn er nicht arbeitete, spielte er Flöte unter einer alten Eiche, bis die Sonne hinter dem Horizont verschwand. Eines Abends, als seine Melodien mit dem Sonnenuntergang verschmolzen, erregte er Vegas Aufmerksamkeit. Neugierig stieg sie herab, um ihm zu begegnen, und während sie sich kennenlernten, entflammte in ihr eine tiefe Liebe zu ihm.
Doch ihre Zuneigung verstieß gegen das Gesetz des Himmels. Selbst der bloße Besuch des Erdenreichs ohne triftigen Grund galt als Verbrechen. Besonders Vega, die Tochter des Himmelskönigs, wäre von schwerer Strafe betroffen. Als Altair von Vegas göttlicher Herkunft erfuhr, wollte er aus Liebe zu ihr den Kontakt abbrechen, um sie zu schützen. Doch Vegas Liebe war zu stark, und sie schwor ihm, dass sie, egal was geschehe, eines Tages gemeinsam im Himmel sein würden.
Mutig trat Vega vor ihren Vater und bat um die Freiheit, selbst über ihre Heirat entscheiden zu dürfen. Neugierig forderte der Himmelskönig sie auf, den Auserwählten in den Palast zu bringen. Als er jedoch erfuhr, dass seine Tochter ihr Herz einem Sterblichen geschenkt hatte, entbrannte sein Zorn. Vega hielt an ihrem Versprechen fest, dass sie Altair, egal unter welchen Umständen, in den Himmel holen würde.
In seiner Wut entschied der Himmelskönig, ihr Versprechen auf grausame Weise zu erfüllen: Er verwandelte sowohl Vega als auch Altair in Sterne und platzierte sie am Firmament, wo sie auf ewig verweilen sollten. Doch obwohl sie nun beide im Himmel waren, wurden sie durch den Großen Himmelsfluss voneinander getrennt.
Je länger Vega von Altair getrennt war, desto mehr weinte sie. Um sie zu trösten, spielte Altair jedes Mal, wenn sie in Tränen ausbrach, die Melodie, mit der er ihr Herz gewonnen hatte. Auf der Erde wurden ihre Tränen und die sanften Klänge seiner Flöte als Regen und Donner wahrgenommen.
Doch einmal im Jahr, in der siebten Nacht des siebten Mondes, bildet sich eine Brücke aus Elstern über den Himmelsfluss, um eine Überflutung der Erde zu verhindern. Trotz der Gefahr wagen es Vega und Altair, die fragile Brücke zu überqueren.
Für eine einzige Nacht sind sie vereint. So schön dieser Moment im Herzen der Galaxie auch ist, die erneute Trennung am Ende der Nacht ist unausweichlich.
© Antonio La-Ferrera 2024-09-09