Antriebslosigkeit

Stephanie Briegl

von Stephanie Briegl

Story

Erfolgloser Student und erfolgloser Musiker. Das beschreibt mich am allerbesten. Wie soll ich sonst bitte irgendjemandem erklären, dass ich es geschafft habe, in Publizistik und Kommunikationswissenschaft in drei Jahren 20 ECTS zu sammeln? Nicht falsch verstehen, ich liebe die Uni. Beziehungsweise die Leute in der Uni. Die Feste, wobei die Publizistikfeste immer noch das Semester-Highlight darstellen. Der Club ist ranzig, in dem sie stattfinden, die Musik nur stellenweise erträglich, aber mit meiner Freundesgruppe vom Unifernsehen immer, einfach immer leiwand. Die Uni ist nur dann leiwand, wenn der spaßige Aspekt im Vordergrund steht. Einzig und allein dann bekommt man mich auch zu Gesicht. All die anderen Stunden, die einen Großteil der Zeit an der Uni ausmachen, verschlafe ich, verzocke ich oder nutze ich um Party zu machen, wobei letzteres zwangsläufig darauf hinausläuft, tagsüber viele Stunden Schlaf nachzuholen. So läuft mein Leben eigentlich schon länger, wenn man die Zeit an der Schule dazuzählt. In der Schule war es nur viel einfacher so zu tun, als hätte man Ahnung von dem, was man in Schularbeiten zum Besten gab. Den sehr strebsamen Schüler zu spielen, der leider nicht mit allzu großer Intelligenz gesegnet ist, aber so unglaublich fleißig, dass die Lehrer immer sagten: »Fleiß ist viel wichtiger als Intelligenz. Der Sebastian bemüht sich so, der kann aber nicht mehr. Trotzdem, wenn der am Ball bleibt und sich anstrengt, kann der die Matura packen und vielleicht auch ein nicht allzu schweres Studium. Also nicht Maschinenbau und auch sonst kein Studium an der TU.« Dass ich nicht an der technischen Universität studieren wollte, war mir von Anfang an klar. Nicht, weil ich ernsthaft weiterhin das zum Besten geben wollte, was die anderen als Bild von mir zurechtgezimmert hatten, beziehungsweise in dem Glauben ich sie auch noch bestärkt hatte. Nein, weil ich tatsächlich faul war und an der TU sogar Genies fleißig sein mussten und man ums stundenlange Lernen nicht herumkam.

Somit fiel meine Entscheidung relativ schnell. Publizistik musste es sein. Als sehr einfach verschrien und regelmäßig eine unbeschreiblich große Anzahl an erfolgreichen Absolventen ausspuckend, schien das Publizistikstudium genau das richtige für mich zu sein. An einem der Studienplanungstage, die übermotivierte Studenten damit verbrachten bei uns in der Schule abzuhängen und den baldigen Maturanten ihre Studienrichtung schmackhaft zu machen, traf ich einen Publizistikstudenten. Ich fragte ihn, was man tun müsse, um gut durch das Studium zu kommen. Ob man viel lernen müsse. Er schaute mich an, als wäre ich ein Alien und begann schallend zu lachen. »Publizistik und Lernen? Diese beiden Worte passen nicht in einen Satz. Du musst nichts machen. Das beschreibt’s am besten. Das, was man als gutes Studentenleben bezeichnet, kannst du dort haben. Das und nicht weniger. In den Seminaren ist die erste Stunde meistens dafür reserviert sich gegenseitig einen Ball zuzuschupfen und sich die Namen der anderen zu merken. Dann redest einfach irgendwas und that’s it.«
Sofort bedankte ich mich bei dem Studenten und grinste.
»Sounds good.«
»Bist du eher so der Owizahrer?«, fragte er mich. Ich bejahte.


© Stephanie Briegl 2025-01-28

Genres
Romane & Erzählungen