von Alfred Benn
Ich gestehe: Ich habe das Wort Quarantäne in den vierundsiebzig Jahren meines Lebens vor Corona bestimmt keine zehnmal geschrieben oder ausgesprochen. Aktuell verfolgt dieser Begriff nun aber schriftlich und verbal nicht nur mich bis zum Geht-nicht-mehr. Kaum hatte sich dieses Wort der öffentlichen Diskussion bemächtigt kam der erhobene Zeigefinger selbsternannter Sprachwissenschaftler, die uns belehrten, dieses Unwort gefälligst richtig, also „K“arantäne auszusprechen. Im allwisssenden Netz gibt es kluge Erklärungen über die Ableitung aus dem Französischen „quarante“ (vierzig Tage; Absonderung von Seeleuten). Mich kann das nicht überzeugen. Ich denke nur an einen zugegebenermaßen erfundenen Satz, der so klingen würde: Heute aßen wir eine Portion Kargel mit frischem Kellwasser und katschten über gute alte Zeiten als uns noch keine klugen Sprach-Kerulanten ker über den Tisch zu Banausen erklärten, weil wir uns über ein befreundetes Ehepaar unterhielten, das sich gestern in Karantäne hatte begeben hatte müssen. Wir lassen uns aber das arme Qu nicht vermiesen! Ebenso wie wir von der Chemie nicht lassen und sie sprachlich nicht in eine Schemie verwandeln werden. Schließlich haben wir Charakter und nicht Scharakter und singen in einem Chor. Und nicht im Schor, oder?
Bei dieser Gelegenheit muss ich unweigerlich an den großen bayrischen Volksschauspieler Karl Valentin denken, der sich immer darüber mokierte, wenn er als Karl Walentin apostrophiert wurde: Richtigerweise wies er darauf hin, dass sich schließlich auch nicht das Wolk über durch die Lüfte schwebende Wögeln ergötze während im Tal die Weilchen blühen.
Bevor ich mich jedoch in weitere Beispiele nonsensiger Sprach-Geburten versteige, möchte ich den versöhnlichen Satz auf der Webseite „Bedeutung Online“ zitieren:
„Letztlich gilt, dass beide Aussprachen – Karantäne und Kwarantäne – möglich sind. Es gibt hier keine richtige und korrekte Variante, sondern nur eine offizielle (herleitbare) Aussprache. Hier zeigt sich, dass der Gebrauch der Sprache über Eigenheiten wie die Aussprache bestimmt und dass Sprache nicht so logisch ist, wie sie erscheint.“
Dem gibt es für heute von meiner Seite nichts mehr hinzuzufügen.
© Alfred Benn 2020-07-09