„Eigentlich bin ich ein Spion“ dachte ich als ein Soldat meine Papiere in den überfüllten Reisebus mit lauter „Indigenas“ kontrolliert. «Tramping» sollte ich sagen, das erklärt meinen Aufenthalt hier. Ich hatte keine Ahnung wie gut ich als 19-jähriger Schauspielern konnte, aber anscheinend gut genug. In wenigen Stunden war es meine Aufgabe, diesen Soldaten, seine Kameraden und alle Militärfahrzeuge in einer Liste festzuhalten und diese einer «Terror»-Organisation zukommen zu lassen. Terror war immer schon relativ.
Dabei wollte ich das gar nicht, ich hatte ein Ziel, ich wollte Armut am lebendigen Leib erfahren. Im Süden Mexikos, bei unterdrückten Urvölkern zu leben war hier eine gute Idee. So hauste ich mehrer Wochen im Dschungel, unter einem Blechdach und musste feststellen: Trotz aller Krankheit, verschmutzenden Wasser, Latrinen die ich hier nicht beschreiben will, Arbeitslosigkeit, Menschenhandel und militärischer Willkür, hatte ich das Rückflugticket immer in meiner Tasche. Ich war also freiwillig arm, das ist keine Armut, das ist Armuts-Tourismus mit einem Schuss Spionage. Trotzdem war es unangenehm, Menschen leiden im Elend, die wir nicht verstehen. Aber genau wegen unserem Unverständnis sollten wir etwas dagegen was tun.
© DerReligionslehrer 2019-05-15