Ascher Vogelschießen etc.

Annemarie Baumgarten

von Annemarie Baumgarten

Story
Rehau, Bad Schandau, Dresden 1990

1990 war auch bezüglich Urlaub ein besonderes Jahr. 5.8.: Wir folgten einer Einladung nach Rehau bei Hof – Freistaat Bayern zum Vogelschießen, das regelmäßig vom Schützenverein durchgeführt wurde und ein Treffen der Sudetendeutschen war, die 1945/46 aus ihrer Heimat vertrieben wurden und übers Bundesgebiet verstreut leben. Asch ist von Rehau nicht weit entfernt. Meinen Vater verschlug es, wie schon mal erwähnt, als 11-Jährigen mit seinen Eltern in die Sowjetische Besatzungszone. Der Weg seines Bruders führte nach der Entlassung aus der französischen Kriegsgefangenschaft übers Allgäu nach Rehau.

Es war sehr warm. Auf dem Maxplatz fand ein Blaskonzert statt. Kinder zogen den mit Tannengrün geschmückten Wagen mit dem hölzernen Vogel fürs Schützenfest an einer langen Deichsel zum Schützenhaus. Dort stand ein großes Festzelt mit Holzbänken und einem Ausschank. Es gab viele private Treffen ehemaliger Dorfnachbarn. Wir hielten den Umzug durch die Stadt, angeführt durch die Blaskapelle, im Bild fest. Fahnen und Wappen wurden mitgeführt, Schilder mit Ortsnamen von jeweils einem der ehemaligen Bewohner vorangetragen. Danach folgte die übrige Dorfbevölkerung, die nach Rehau angereist war oder dort wohnte. Vereinzelt sah man ältere Damen in Trachtenkleidung. Wer im Sudetenland geboren wurde, war 1990 mindestens 45 Jahre alt, meist deutlich älter. Kinder und Enkel nahmen am Umzug teil oder sahen zu. Ehemalige Schützenkönige und Mitglieder befreundeter Schützenvereine trugen Ketten mit Medaillen um den Hals. Mein Onkel war auch einmal Schützenkönig.

18.8. bis 1.9.: Bad Schandau vor der Wiedervereinigung, nach der Währungsunion. In der Parkgaststätte setzte man uns Dosenlimo mit Glas zum Preis von 2 DM vor! Am Markt verkaufte man an einem Wagen abgepacktes Eis. In einer Dresdner Apotheke erwarb ich Pflaster. Ungewohnte Preise! In einem Fotoladen sahen wir den ersten 1.000-DM-Schein. Ein Kunde bezahlte damit eine Kamera.


Blaues Wunder: Wir liefen vom Dresdner Hauptbahnhof durch die Innenstadt bis zur berühmten Brücke. Ab Terrassenufer sollte ein Dampfer starten, aber laut Fahrplan möglicherweise an dem Tag nicht. Bei der Straßenbahn weiß man nie, wo man aussteigen muss. Ich habe schwache Erinnerungen, dass wir trotzdem irgendwann mal per Tram in Dresden unterwegs waren. Kurz vorm Erreichen unseres Ziels beim Villenviertel Lochwitz kam gegenüber ein Dampfer an! Es war sehr warm, der Weg staubig! Die Fahrt per Standseilbahn zum Weißen Hirsch: eindrucksvoll. Wir warteten auf dem Heimweg an der Straße, bis die Bahn oben abfuhr, um sie zu fotografieren. Der Stadtteil beherbergt das Forschungsinstitut Manfred von Ardenne. Die Schwebebahn nach Oberloschwitz wurde gerade repariert.



© Annemarie Baumgarten 2024-06-14

Genres
Reise, Essen & Trinken
Stimmung
Abenteuerlich, Komisch