Aspirin-Kater

03:30- das Telefon quält mich mit einem forderndem Klingeln aus dem unbequemen Klappbett. Genervt über die Dreistigkeit zu dieser Zeit angerufen zu werden, mache ich mich auf den schier endlosen Weg zur klingelnden Nervensäge auf dem Schreibtisch. Schon im nächsten Moment überkommt mich mein schlechtes Gewissen wegen meiner Laune, da es sich bestimmt um etwas wichtiges handelt- wieso sonst ruft jemand um diese Zeit an? Ich greife so unvoreingenommen wie möglich zum Hörer “Guten Tag, Mag. Demmelmayer am Telefon, wie kann ich Ihnen helfen?” Kurze Stille, gefolgt von einem Kicherorchester von ca 4 Personen. Ich merke, wie meine hart erarbeitete Neutralität von einer Art zorniger Empörung abgelöst wird. Ich sage kein Wort, als endlich eine lallende Stimme beginnt, Salz in die bereits offene Wunde zu streuen “Kennen Sie Aspirin Akut? Das ist das gegen Schmerzen.” Perplex von dieser Frage zu dieser, naja man könnte schon beinahe sagen frühen Stunde, warte ich ab, ob nicht doch noch ein erleuchtender Nachtrag des Anrufers kommt. Dieser bleibt aus und ich ringe mich zu einem gezwungen freundlichen “Ja?” durch.

“Sie sind doch Magisterin und haben die Medikamente studiert oder?”

Meine Oma gab mir früh den Rat “Wenn du nichts nettes zu sagen hast, sag lieber gar nichts.” Diesem Leitsatz bleibe ich auch jetzt treu, zum einen aus Verblüffung und zum anderen, größeren Teil, weil ich auf diese Fragen um 03:40 Uhr rein gar nichts nettes zu sagen habe. Die elustre Runde am anderen Ende der Leitung scheint meine fehlende Beteiligung an dem Gespräch jedoch nicht zu stören und so kichert eine zweite piepsige Stimme lallend ins Telefon:“ Wissen Sie, wir rätseln hier schon länger und werden uns nicht einig. Deshalb rufen wir Sie an- Sie sind ja heute eh da. Hallo?“ Mit beschleunigtem Puls setze ich zu einer nicht mehr allzu freundlichen Antwort an:“ Ja bitte? Um was für einen Notfall geht es denn um halb 4 morgens?“

“Ahh! Ich hab schon geglaubt Sie sind eingeschlafen. Auf dem Packerl von Aspirin Express steht 500 mg drauf. Es sind aber 2 Tabletten drinnen- hat eine 500 mg oder beide? Diese Angabe ist schon verwirrend, leiten Sie das bitte auch an die Firma Bayer weiter!“

In diesem Moment fallen mir an die 100 Kommentare ein, die ich gerne an die “Produktionsfirmen” meiner Gesprächspartner weiterleiten möchte.

Aber pflichtbewusst erscheint wie auf Knopfdruck die Verpackung vor meinem inneren Auge, auf der eindeutig vermerkt ist:“ 500mg sind in einer Tablette.“ Johlend höre ich noch den Siegesruf:“ Ha, ich habs doch gewusst Franz! Nächste Runde auf Ex!“

Dann, nur noch das Freizeichen- ich bin fast froh, so ist sichergestellt, dass ich den Rat meiner Oma befolge. Mir war klar, dass der kleinen Schnapsdrosselrunde in ein paar Stunden, die mg Aspirin in einer Tablette egal sein würden, Hauptsache sie können eine gegen den Kater schlucken. Doch auch ich werde noch länger etwas von diesem Gespräch haben- ich nenne es mal den “Apotheker-Aspirin-Kater”.