Auch mit Scheiße kann man reich werden!

Klaus P. Achleitner

von Klaus P. Achleitner

Story

Wir klettern früh aus den Betten. Neuer Tag, neues Abenteuer in Namibia. Wir wollen auf der Sedina, einem Zweimast-Schoner, an der Skelettküste segeln. Im Hafen von Lüderitz begrüßt uns Skipper René, ein weisser Namibier, dann entern wir das alte Holzschiff. Mit Motorkraft tuckern wir aus dem Robert-Hafen, um die Haifischinsel herum, vorbei am alten Leuchtturm.

Wir passieren Diaz Point und die Sturmvogelbucht mit den Überresten einer norwegischen Walfangstation. Der Wind frischt auf, René schätzt die Stärke auf 15-20 Knoten. Vor dem Bug kreuzen Delfine unseren Kurs, über uns tummeln sich Möwen, an der felsigen Küste streiten Robben um ihre Beute.

Unser Ziel ist das kleine Felseiland Halifax, wo man jahrzehntelang Guano, also Vogelmist, abgebaut hat. Fast alle Inseln vor der Küste gehörten nicht zur deutschen Kolonie, sondern zum British Empire. Eine ganze Industrie lebte davon, aus Guano Düngemittel herzustellen.

„In England haben sie mit den Erlösen von einer kleinen zugeschissenen Insel vor der afrikanischen Küste Paläste gebaut!“, meint der Skipper und deutet auf die Überreste von Häusern und Lagerschuppen. Der Wind frischt weiter auf. Selbst mit Jacke friert mich. Und das an einem der heißesten und trockensten Plätze der Welt, denn gleich hinter Lüderitz liegt die Namib. Die Stadt wurde buchstäblich auf Sand gebaut.

Auf der Rückfahrt setzen René und Maat Tom, ein Herero, die Segel, der Schiffsdiesel schweigt. Segeln taugt mir, ich liebe das Schwanken des Decks, die Seeluft und die Stille. Der Maat serviert heissen Kakao, den wir gerne nehmen. Captain René, mit seinem langen Haarschopf und dem Vollbart ein richtiger Seebär, erzählt über Lüderitz und die Diamanten. Er hat jahrelang als Taucher für die Diamantengesellschaft offshore gearbeitet, ein sehr harter und gefährlicher Job, denn man sieht unter Wasser die Hand vor Augen nicht.

Rund 600 Deutschsprachige, viele erst später eingewandert, leben heute in der Stadt. Die Alteingesessenen bezeichnen sich als „Südwester“. Ein paar haben wir schon in der Bar unseres Hotels gesehen, die ein beliebter Treffpunkt zu sein scheint. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind angespannt, bis zu 70% Arbeitslose. Doch den Statistiken glaubt René genauso wenig wie den Politikern. Tatsache ist, dass man auch hier die internationale Finanzkrise spürt. Treibstoff hat sich enorm verteuert, was in einem Land mit riesigen Entfernungen doppelt schmerzt.

Begleitet von Delfinen und Pinguinen erreichen wir wieder die Lüderitzbucht. Hinter der Landzunge lässt der Wind sofort nach. Wir passieren einige Diamantförderschiffe, hässliche Pötte. Flache Plattformen aus Stahl mit Antrieb, Aufbauten aus Gerüsten, Containern und Kränen. Seitlich ein mächtiger Saugrüssel, mit dem der Sand am Meeresboden abgesaugt wird. Das Reinigen und Sortieren findet an Bord statt. Geldverdienen ist manchmal ein schmutziges Geschäft, ob bei Diamanten oder Vogelkot!

© Klaus P. Achleitner 2020-09-18

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