von Lia Pipa
„Sag mal, habn’s dir ins Hirn g’schissen, du depperta (österreichisch für dumm) Sautrottel? Is das dein Ernst“, schrie ich und stampfte mit meinem beflipflopten Fuß in den Sand. Ohne zu überlegen, griff ich mir das Ohr des Typen vor mir und riss seinen Kopf auf meine Augenhöhe. Wutgeifernde Speicheltropfen trafen sein Gesicht, während ich brüllte: „Ob das dein Ernst is, hab ich dich g’fragt!“
Was zuvor geschah:
Wir Österreicher haben ein Faible für Italien. Generell. Und ganz besonders für Lignano. Besonders über Pfingsten frönen Jugendliche und junge Erwachsene dem Sauftourismus in Scharen. An dieser Stelle sei erwähnt: Das kann ziemlich anstrengend sein. Vor allem, wenn man zur selben Zeit dort Urlaub macht und einerseits zwar selbst gern feiert, andererseits nicht der Klasse „Komasäufer“ angehört. Da kann‘s schon mal passieren, dass dir jemand direkt vor die frischmanikürten Füße kotzt, während du an der Bar anstehst. Manchmal ist man eben der Hund, ein anderes Mal der Baum. Shit happens, but hey, that‘s life.
Gesamt gesehen war es trotzdem ein tolles verlängertes Wochenende, dessen Beginn meine Freunde und ich mit vielen anderen bei einer Beachparty einläuteten. Die Strandbar bestand klassisch aus Holz, mit Bastdach und großen Schirmen. Vereinzelt standen Liegestühle herum, farbenfrohe Hängematten hingen ringsum. Ab Dämmerungsbeginn spendeten bunte Lampions sanftes Licht. Ansonsten dominierte die Farbe Weiß, was Ausstattung und Bezüge der Sitzmöbel betraf. Nachdem ich einige Cocktails intus hatte, musste ich für kleine Räubertöchter. Wie Mädels das so machen, gingen meine Freundin I und ich gemeinsam auf die Suche. Und oh Graus, die einzige Möglichkeit, die Notdurft zu verrichten, war eines dieser furchtbaren blauen Baustellenklos.
Da stand ich nun drinnen. Angeekelt und mich selbst verteufelnd, dass ich keine Gummischuhe anhatte. Gleichzeitig glücklich darüber, das echt scharfe, kleine Schwarze angezogen zu haben. Je weniger Gewand man anhatte, desto weniger Stoff konnte das kontaminierte, bakterienversiffte Häusl (WC) streifen. Mit zusammengebissenen Zähnen, in einer Skispringerhocke, die Stefan Kraft neidisch verblassen ließe, hockte ich also über dem Abgrund. Plötzlich eine Erschütterung. Und bäääm, die nächste. Auf Lepra und Hepatitis A bis Z geschissen, krallte ich mich zur Stabilisierung an den Griffen rundherum fest. Von draußen lautes Gegröle.
Wutschnaubend riss ich die Tür auf und starrte in das sturzbetrunkene Gesicht eines Zwei-Meter-Hünen, der mit seinen Freunden auf die glorreiche Idee gekommen war, in Footballmanier das WC zu rammen. Während ich ihn am Ohr zu mir herunterzog, hielten alle die Luft an. Nach meiner Schimpftirade, seiner Entschuldigung und zwei Friedensbieren meinte I: „Bist du deppert, wenn da der eine ang’schoben hätt, wärst zweimal um die Erde g’flogen.“ Und die Moral von der Geschichte? Stör‘ Räubertöchter beim Pinkeln besser nicht!
© Lia Pipa 2021-07-18