von Mary Modl
âNa, owa sicher net loss ich denan do drent auf mein GrundstĂŒck a GrĂŒst aufstelln! Sicher net, weu eigentlich ghörn mir noch guade 70 Zentimeter von denan do drĂŒbm. De hot denan eana GroĂvota do drent seinerzeit meinen GroĂeltern abzweigt. So schautâs ausâ, erklĂ€rt Frau S. mit dem Blick einer nicht zu unterschĂ€tzenden âZwiedawurznâ dem Redakteur der ORF-Dokureihe âAm Schauplatz Gerichtâ. Eine Neverending-Story wie man in dem Bericht erfĂ€hrt.
Ginge es danach, um ein paar â oder vielleicht auch ein bisserl mehr â Zentimeter GrundstĂŒcksanspruch mit meinen Nachbarn zu kĂ€mpfen, dann hĂ€tte ich gute Gewinnchancen, denn sogar das Grundbuch gebe mir Recht. Doch wozu? WĂŒrde mir rein gar nichts bringen, auĂer Zwist mit âdenen do drent da Feuermauerâ, die mir im Laufe der Zeit doch so sehr ans Herz gewachsen sind: Meine von mir sehr geschĂ€tzten Nachbarn.
Vor mittlerweile hundert Jahren gab es einmal ein Ă€hnliches Streitverhalten zwischen unseren beiden Urfamilien. Meiner dem UrgroĂvater nach dem Tod seiner ersten Frau erfolgreich verkuppelte UrgroĂmutter gelang es sodann, diese Streitigkeiten zu schlichten und den Grundstein fĂŒr ein vernĂŒnftiges und gegenseitig wertschĂ€tzendes Miteinander zu legen. Vor zwei Jahren hat die nĂ€chste Generation das nachbarschaftliche Ruder ĂŒbernommen. Die SĂŒ âseinerzeit heftig pubertierende Freundin und LeidensgefĂ€hrtin meiner Tochter â hat mit ihrem Mann und den zwei sĂŒĂen Nachwuchsnachbarn das Kommando âdrent der Feuermauerâ ĂŒbernommen Und ĂŒber jene Mauer, die eigentlich um 48 Zentimeter nach hinten verschoben gehörte, reichen wir uns im saisonalen Takt Zucchini, Paradeiser, Liebstöckl, Rosen sowie Heidel-, Him- und Stachelbeeren hin und her; und dies mit einer groĂen Portion Herzlichkeit und Freude.
Doch auch mit unseren linken Nachbarn âgibtâs keine Bröselâ. Zwar sind das âWeanaâ, aber keine âZuagrastenâ, sondern vielmehr Heimkehrer nach vielen Jahren. Die Inge â ehemalige SandkastengefĂ€hrtin meines Bruders â hat das geerbte Haus zu einem SchmuckstĂŒck sinnvoller Revitalisierung eines doch schon Ă€lteren GemĂ€uers gemacht. Da die Inge Geologin mit sehr engem Bezug zur Natur ist, hat sie eine kleine Vogelstation errichtet. Das Gezwitscher ist Genuss pur auf meiner Terrasse. Ăber die Grenzmauer zu meiner Linken werden wahre Preziosen an GemĂŒsigem gereicht.
Auch der Peter von vis-å-vis ist ein sehr wertvoller Nachbar; nicht nur als Mensch, sondern auch als gelernter Elektriker, der zudem auch noch alles andere kann. Seine EinsÀtze sind zahlreich und legendÀr und die danach zwecks Nachbesprechung der Lage vernichteten Achterl Rot auch.
Wir sind wirklich eine bunt zusammengwĂŒrfelte Partie hier in meiner Gasse, aber wir halten zusammen. Vor zwölf Jahren nach dem Tod meiner Eltern und dem schweren Unfall meines Bruders wurde mir das erste Mal so richtig bewusst, welch GlĂŒck ich habe, diese Menschen stets in meiner NĂ€he zu haben. Und dies hat sich bis heute nicht geĂ€ndert.
© Mary Modl 2022-02-18