Auf, in den Knast

anima

von anima

Story

Die beiden rostbraunen, eisernen Flügel verschwanden hinter der dicken Mauer.

Der schwarze Wagen hielt. Erst als sich die Tore hinter uns geschlossen hatten, riss man ruckartig die Wagentüre auf.

Zwei Wachbeamten nahmen uns in ihre Mitte. Im Büro verlangten sie Ausweis, die zugesandten Einladungen, in die geöffnete Handtasche, sie inspizierten uns von oben nach unten.

Ein Wächter in schwarzer Uniform zeigte zum Seitenausgang und als wir durch waren, schloss er sofort das Tor hinter uns ab, weiter so ging es, weiter so, Türe auf, Türe zu, abgeriegelt.

Entlang des Korridors trippelten meine Kollegin und ich zwischen zwei bewaffneten Polizisten.

Die Männer blieben stehen, ihre Waffen steckten seitlich ins Halfter bevor wir den Saal betraten. Sie deuteten auf die noch leeren Stühle. Zaghaft setzten wir uns in die dritte Reihe, nur nicht zu nahe ran.

Dicke Eisengitter vor jedem Fenster waren wenig Zierde des Hauses.

Wir warteten einige Zeit, bis der Häftling Jack Unterweger, begleitet von zwei Wachbeamten zu seiner Autorenlesung hereingeführt wurde.

Der Raum füllte sich mit Gästen. In den ersten Reihen nahmen Männer in Anzügen Platz, einige Frauen in Sonntagskleidung kamen dazu. In den nächsten Reihen setzten sich, in grauen Overalls und grauen Jacken die Insassen der Anstalt.

Mein Herz klopfte rasend in meiner Brust, was ist, wenn die Häftlinge ausrasten würden, es zu einem Tumult käme.

Sein Lesevortrag war beeindruckend, er las selbstsicher und mit guter verständlicher Stimme. Er las aus dem Buch: „tobendes Ich“. Ich war erschüttert über sein Seelenleben, welches er vor uns ausbreitete.

Einige Jahre schrieben wir uns Briefe. Ich lernte ihn als Autor über eine Literaturgemeinschaft kennen. Viel konnten wir uns in dieser kurzen Pause nicht austauschen, belanglose Worte eben, mit einem Mörder. Die Wachbeamten beobachteten all unsere Bewegungen und blieben uns nahe.

Als Erfrischung wurde ein Getränk und Brot angeboten das wir gerne annahmen.

Wir bekamen unsere Ausweise zurück, stiegen in das schwarze Auto und fuhren erleichtert ins Freie, nachdem das Tor geöffnet war und sich hinter uns verschlossen hatte.

Nach einiger Zeit wurde Unterweger entlassen, er wurde von Sozialbetreuern begleitet. Unsere Verbindung damit abgebrochen. Einige Monate später kam ein Anruf von der Polizei, ob sich Unterweger bei mir gemeldet habe. Nein. Er wurde gesucht, da er wieder straffällig geworden war.

© anima 2021-03-06

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