von Anka
Als sie der Titel des Buches zum ersten Mal schrieb und die drei Worte schwarz auf weis vor ihre Augen schmerzhaft konkret erschienen, bekam sie auf der ganzen Vollständigkeit ihres Körpers eine Emotion der Gänsehaut, von den Zehenspitzen bis hinauf über das Ende ihrer Haare. Die Kehle bewegte sich in einem verrückten Puls, Tränen fließen augenblicklich über ihre Wangen, marschierten und sammelten sich am Ende ihres Kinns, der jetzt wie ein stark beregneten Felsen aussah, worauf man, wenn man treten würde, ausrutschen und sich das Genick brechen könnte.
Die Liebe aufgeben oder die Liebe neu definieren? Oder einsehen, dass hier die Liebe nicht erwünscht worden ist, es gibt keinen Platz dafür.
Sie war tatsächlich überzeugt, dass die Liebe alles heilt und die Seelen von zwei Menschen zusammen bringt. Sie öffnete sich der Liebe, sie verstand die Verführung als Liebe, weil sie zu wenig Erfahrung damit hatte. Sie verschenkte sich einer Beziehung und wurde blind. Nach punktgenau zehn Monate offenbarte sie in einem Notizheft:
„Was spürst du?“ //. „Das unsere Beziehung auseinander geht.“
„Und was fühlst du dabei?“ //. „Traurigkeit. Nur Traurigkeit.“
„Und was noch?“ // „Ich fühle irgendwie eine Verblüffung und ich würde es so gerne verstehe, warum er alles so in diese Richtung gesteuert hat.“
„Wieso er?“ //. „Er hat sich plötzlich distanziert, schon vor einem Jahr. Ich durfte es einfach spüren, erleben, beobachten wie er nicht mehr da ist. Hat jedes Gespräch stark und bestimmt abgelehnt.“
„Würde es dir helfen, wenn du es verstehen würdest?“ // „Ich denke schon, wir sollten zur Zweit in dieser Beziehung sein, oder nicht?“
„Was fehlt?“ // „Was mir fehlt oder was der Beziehung fehlt?“ //. „Kannst du beide voneinander trennen?“ // „Ja, denke ich schon.“
„Dann wähle den Teil aus, den du jetzt am tiefsten spürst.“ // „Mir fehlt das Gefühl der Liebe. Mir fehlt das Gefühl der Liebe. Mir fehlt das Gefühl der Zusammengehörigkeit in dieser Beziehung. Er bleibt dort, wo er auch vor dieser Beziehung war. Ich werde nicht wirklich integriert, sie lassen es nicht zu.“
„Wie machen sie das?“ //. „Dadurch, dass sie alle fast kein Interesse an meine Person zeigen. Nichts interessiert sie, ich bin bloß hier und nichts mehr. Keine menschliche Verbindung entsteht, keiner spricht mit mir wirklich. Ich darf nur hier so sein. Die Gleichgültigkeit schmerzt. Von ihm selber fehlt die Romantik, die er am Anfang zeigte. Es fehlt sein Interesse, eine Beziehung aufzubauen. Die Wertschätzung fehlt gewaltig. Als wäre er allein, als ich ihm zu oft störe, als Anwesenheit. Ihm ist alles gleichgültig, was mit uns zu tun haben könnte. Es gibt er. Und ich. Aber nicht WIR. Es fehlt die Freundschaft, die Kommunikation. Es fehlt DAS WIR. Es geht immer nur um ICH bei ihm. Die Flamme erlöscht. Ich wollte mit diesem Mann gemeinsam alt werden. Gemeinsam.“ 14. Okt. 2022 – Piesendorf
© Anka 2025-05-05