AugenBlick

Yvonne Heinrich

von Yvonne Heinrich

Story

Ein neues Schuljahr beginnt am Archigymnasium, aber dies ist kein neuer Anfang. Oder doch?

Jonas läuft auf das Tor seiner Schule zu, derselbe Weg wie in den letzten sechs Jahren und doch fängt heute ein neuer Abschnitt seines Lebens an. Er ist auf dem Weg zum Abitur. Kein fester Klassenverband mehr. Zumindest ein paar der Idioten sollten ihm daher endlich erspart bleiben, so hofft er. In Gedanken geht er nochmal seinen Kursplan durch.

>>Hey Jo!<< Fast hätte er die kleine Gruppe, die neben dem Eingang stand übersehen, was sie ihm wieder übel genommen hätten. Tief ausatmend läuft er mit zum Gruß erhobener Hand zu den fünf Typen und setzt ein Lächeln auf. >>Hey Bros!<<

>>Boa du warst wieder völlig weg, was Jo? Was hast du denn letzte Nacht getrieben?<<, fragt Mike, von dem Jonas nicht mal weiß, wie er es durch die 10. Klasse geschafft hat.

>>Das Übliche.<<, antwortet er knapp, während er alle mit einem Handschlag begrüßt. Die Jungen fangen an zu hohlen, in der Annahme, er hätte dasselbe oder etwas Ähnliches getan wie sie. Die Hälfte denkt vermutlich, er hat gezockt und die andere, er hätte mit irgendeinem Mädchen rumgemacht. Nur Felix wusste, dass er gelesen hat. Der Rest versteht das halt nicht, trotzdem kann er sich auf alle Fünf verlassen, wenn er Probleme hat, darum grinst er nur und schlägt nochmal alle ab.

Während die Sechs sich unterhalten und von ihren Urlauben erzählen, strömen die neuen Schüler an ihnen vorbei, was Nika und Valentin zum Feixen anstachelt.

Jonas schaut zu Felix, der im selben Moment die Augen verdreht. Wir sind schon eine Bande von Chaoten, denkt Jonas und klopft auf Valentins Schulter. >>Denk an deinen ersten Tag damals.<<

Valentin dreht sich mit einem Schulterzucken um, grinsend steckt er die Hände in die Hosentaschen und geht ins Schulgebäude, Nika trottet verwirrt seinem Freund nach. Da es gerade klingelt, folgt auch der Rest. Felix wirft Jonas noch einen Blick zu, bevor er sich auch auf den Weg zu seinem Kurs macht. Jonas bleibt noch einen Augenblick stehen. Er schaut in die Gesichter der ankommenden Schüler und dann in den blau leuchtenden Himmel. Als er sich umdreht, um durch das Schultor zu laufen, rempelt er jemanden an. Erschrocken dreht er sich um. Lola hockt vor ihm auf dem Boden und sammelt ihre Sachen auf. Ihre Wangen sind rot und sie entschuldigt sich leise bei ihm, während Jonas sich zu ihr bückt und ihr beim Aufheben der Bücher hilft. >>Das ist meine Schuld, Lola. Sonst alles gut?<<

>>Ja.<<, Lola hebt den Blick und schaut Jonas direkt an, nun laufen auch seine Wangen rot an. Er sieht ihr genau in die Augen, sie kennen sich seit sechs Jahren und doch kommt es ihm vor, als würde er sie das erste Mal sehen. Es hat sich nichts verändert und doch spürt Jonas, dass etwas anders ist.

© Yvonne Heinrich 2022-08-09

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