von Stefan Papp
„Liegt Armenien überhaupt in Europa?“
Wo soll ich anfangen? Dass hier Menschen leben, die trotz aller Hürden nie aufgegeben haben, für ihre Heimat und für die Eigenständigkeit zu kämpfen. Und dass die Einwohner Hayastans, wie die Einwohner ihr Land nennen, nie die Lust am Leben verloren haben? Oder dass am Platz der Republik dann und wann „La Bohéme“ von Charles Aznavour in französisch erklingt und Liebende sich an der Cascade in allen Sprachen ihre Treue schwören. So mancher Geniesser flaniert auch gerne auch in Cafés, die genauso gut in Paris oder Rom liegen könnten? So mancher Taxifahrer trumpft mit Witz und Humor auf, der einem Wiener Schmäh um nichts nachsteht und wenn sie es wollen, können Kumpanen in urigen Tavernen und Pubs bis zur späten Stunde auch deutsches oder belgisches Bier trinken.
Was macht Armenien also europäisch? Geht es darum, dass in diesem Land – zumindest den Armeniern zufolge – auch der Wein und entsprechend auch die Kultur des Genusses erfunden und zu den alten Griechen exportiert wurde? Vielleicht lässt sich Europa auch erspüren, wenn man in entlegenen Klöstern in den Bergen meditiert und alte Fresken des ältesten christlichen Landes bewundert oder ehrfürchtig auf die weissen Spitzen des Berg Ararats blickt.
Bei gutem Essen genießt man armenische Gastfreundschaft und mitunter philosophiert man auch bei armenischen Tee und Ararat Cognac über das Land.
„Als in Rom noch Ziegenhirten weideten, war Yerevan schon eine Hochkultur.”, gibt so mancher stolz preis, “Und überhaupt wusstest du, dass König Tigranes Reich über ganz Anatolien erstreckt hat?“ Zur Geschichte gibt es viele Theorien, es gehört zum guten Ton bei ausgedehnten Familienfeiern über etwas mehr armenischen Einfluss in Europa zu spekulieren. Und mit jedem Schluck Ararat Cognac oder armenischen Wein fallen mehr Geschichten ein. Bei jedem Toast wird von vielen Persönlichkeiten berichtet – von Prinzessin Diana und anderen Berühmtheiten in Europa und auch weiter weg – sie alle haben armenische Wurzeln, sagt man zumindest in Armenien.
An manchen Tagen wird an der östlichen Grenzen noch scharf geschossen, die westliche ist zu. Eingekeilt zwischen zwei Rivalen besinnen sich viele darauf, dass die Diaspora-Armenier ihre alte Heimat nie vergessen haben und einige von ihnen auch zurückkehren. An den Flughäfen trifft ein Reisender viele Armenier, die fließend französisch, englisch oder deutsch sprechen und sobald sie im Taxi sind, den Fahrer mit Barev DZez begrüssen.
Und auch wenn Wikipedia sagt, dass Europa in Georgien aufhört. Was ist schon Geographie! Vielmehr liegt Armenien im Geiste und auch im Herzen Europas!
© Stefan Papp 2019-04-27