von HelgaLombardi
Wie leben Expats in einem anderen Land, das sie – vorübergehend oder dauerhaft – zu ihrer neuen Heimat erkoren haben? Heute geht es um das Thema Sozialverhalten und Integration.
Mir war vor langer Zeit ein Buch in die Hände gefallen, das vom Leben deutscher Auswanderer in Spanien erzählte. Die hauptsächlich der Sonne wegen an die Costa Blanca oder an die Costa del Sol gezogen waren. Was mir vor allem in Erinnerung blieb, war die Beschreibung der Tatsache, dass die deutschen Expats mehrheitlich unter sich blieben. Was man neu-deutsch als „Bubble“ (= Blase) bezeichnet. Sie leben in ihrer eigenen „Bubble“. Die sich nur bedingt in ihre neue Umgebung integriert. Wie es so ist = Geht man in die Fremde, sucht man zuerst nach Landsleuten. Der Sprache wegen und weil man sich gute Tipps und Starthilfe erhofft. Aber dieses Unterfangen ist durchaus mit Risiken verbunden.
Ich werde nie die Überschrift eines Artikels vergessen, in dem es u. a. darum ging, wie bereits länger hier an der Algarve ansässige Deutsche die um Rat fragenden Neuankömmlinge über den Tisch gezogen hatten. Plus: Neid, Intrigen, Feindseligkeiten. Das volle Programm – reif für eine Seifenoper. Der Titel lautete: „Stinkbomben im Paradies“. Die Rede war von Carvoeiro, einer Gemeinde, die bei deutschsprachigen Zuwanderern sehr beliebt war und immer noch ist.
Wer als Ruheständler an die Algarve kommt und über das nötige Kleingeld verfügt, um in seiner neuen Heimat ein eigenes Haus zu erwerben, verspürt spontan keine Notwendigkeit, die portugiesische Sprache zu erlernen. Was u. a. typisch ist für bereits lange hier lebende Briten, die ebenfalls in „bubbles“ ihr neues Zuhause gefunden haben. Man hat seine bevorzugten Restaurants, Sportvereine, englischsprachige Wochenzeitungen/Magazine, die über die lokalen Neuigkeiten berichten. Eine Strategie, die auf den ersten Blick plausibel erscheint, die jedoch auf Dauer auch ihre Schattenseiten offenbart. Nicht ohne Grund sagt man, dass „Gossip“ (die englische Bezeichnung für „Klatsch und Tratsch“) die dritte Landessprache hier an der Algarve sei (neben portugiesisch und englisch). Wenn man dauerhaft in einer Art „Biotop“ lebt, fehlt vielfach der frische „Sauerstoff“ = die Dynamik des realen Lebens. Ein Defizit, das vor allem auch damit zu tun hat, dass es den Pensionisten vielfach an Grundkenntnissen der einheimischen Sprache fehlt.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein gutsituiertes deutsches Ehepaar im Rentenalter. Er sprach – aus Berufstagen – gutes Englisch, seine Frau leider nicht. Daher waren die beiden auf deutschsprachige Bekanntschaften angewiesen. Und das bei einer – in der Fremde – begrenzten Auswahl und oft fehlender qualitativer Schnittmenge. Mir fiel dazu immer wieder das Zitat aus einer TV-Komödie ein: Ein Ex-Pat-Ehepaar aus Bayern – das sich in Andalusien zur Ruhe gesetzt hatte – spricht über die neuen deutschen (etwas flippigen) Nachbarn, die zu einem gemeinsamen Grillabend eingeladen haben. Die Bayerin zu ihrem Mann: „Mit denen hätten wir uns zuhause niemals abgegeben.“ Aus der Rubrik: „Hart, aber herzlich“. Aber genauso kann es einem Zuwanderer in der Fremde ergehen = von einem der auszog, das „Fürchten“ zu lernen … 😉
© HelgaLombardi 2025-01-02