Aus der Sicht eines Puzzleteils

Rackenbach, Atelier für Postkartenschreibung, 30. Januar 2025, 10:43 Uhr

Während des WritingWaveSchreibSeminars kam mir erneut die Idee, aus der Sicht eines PuzzleTeils zu schreiben. Vielleicht wollen mehrere PuzzleTeile zu Wort kommen? Wir werden sehen …

Hallo! Ich bin ein einzelnes PuzzleTeil. Jetzt gerade liege ich auf einer weichen blassrosafarbenen Tischdecke neben dem MacBook der Frau, die mich hier her gebracht hat. Am Samstag, 25.01.2025, gegen kurz nach halb 6 am Abend, hat sie mich entdeckt und in ihre Manteltasche gesteckt. Bis zu diesem Wendepunkt in meinem Leben lag ich im Regen auf dem Teer vor der VolksbankFiliale in Bonn-Endenich. Ich erinnere mich nicht mehr daran, wie ich dorthin gelangte. Fiel ich aus einem Fenster über dem BankRaum? Stürzte ich mich selbst in die Tiefe? Ließ ein Kind mich fallen, das mich zum Spielen mit auf einen Spaziergang genommen hatte? Ich lasse bis auf Weiteres ab vom Rätseln, von meiner Vergangenheit. Ich lebe jetzt. Hier. Bei dieser aufmerksamen Frau, die mich so liebevoll in ihre Obhut genommen hat. Mehrfach hat sie mich schon beäugt, betrachtet, in ihren Händen gehalten, mit ihren Fingern abgetastet, gedreht, gewendet. Ein bisschen schwindelig wurde mir dabei schon, aber ich habe geschwiegen. Wenn ich das nun richtig verstanden habe, dann schreibt sie momentan ein Buch über Puzzles im Allgemeinen und über MICH im Besonderen! Wer hätte das gedacht! Sie wird mir noch zu Ruhm und Ehre verhelfen. MIR! Ich bin doch bloß ein einfaches, schlichtes, klassisches Puzzleteil, das den Anschluss verloren hat. Wo ist meine Familie? Manchmal sehne ich mich nach meinen Gefährt*innen und weine. Diese Einsamkeit. Dieses AlleinSein. Dabei bin ich im Grunde weder einsam noch allein. Sabine, so heißt die Frau, die drinnen eine rosafarbene Pudelmütze trägt und mich aufnahm, hat mir ein zweites Leben beschert. Wer weiß, wahrscheinlich hätten mich Regen und Zeit sonst in meine Einzelteile aufgelöst. Stattdessen darf ich hier nun zu Wort kommen und meine Geschichte(n) erzählen, diktieren. Telepathisch, versteht sich. Ich kann schließlich nicht sprechen. Weinen auch nicht, wie oben erwähnt. Traurig war ich trotzdem. Was Sabine alles auf mich projiziert … Wir dienen uns gegenseitig. Soweit meine Ausführungen für den Moment. Sabine gibt mir gähnend zu verstehen, dass sie mal eine Pause braucht vom vielen Tippen. Tschüssi 11:04 Uhr