Aus Frosch ward Prinz (3)

Gerda Modera

von Gerda Modera

Story

Es rumorte nicht nur in der Tiefe des Brunnens, sondern grünes, an Nordlichter erinnerndes Licht, huschte durchs Wasser. Amira dachte, sie hätte einen Cocktail zu viel getrunken oder versehentlich eine bewusstseinsverändernde Tablette erwischt. Aber dies alles passierte in echt. Mit einem Riesensatz sprang ein hellgrüner Frosch mitsamt der schweren Goldkugel auf dem Kopf aus dem Wasser und setzte sich frech neben sie auf den Brunnenrand. Er übergab ihr die Kugel, überkreuzte seine muskulösen Beinchen und Ärmchen, funkelte sie mit seinen riesigen Augen bewundernd an und quakte sie doch tatsächlich in Menschensprache an: „Für die herauf getauchte Kugel musst du mir etwas versprechen. Lasse dich dabei aber nicht von meinem Äußeren abschrecken. Höre auf deine innere Stimme, dann …“ Die Prinzessin wusste nicht wie es um sie geschah. Einerseits faszinierte sie sein Selbstbewusstsein, anderseits ekelte sie sich vor ihm. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr und sie willigte schließlich ein. Der Frosch gab ihr einen feuchten Schmatz auf die Hand und tauchte mit einem eleganten Sprung in die Tiefe des Brunnens ab. Etwas benommen irrte sie durchs Labyrinth zurück ins Schloss. Als am vierten Tag alle Gäste verkatert und zufrieden abgereist waren, tauschte sich der König beim darauffolgenden Abendmahl mit seinen drei Töchtern über ihre Erfolge bei der Heiratssuche aus. Der Frosch lauschte auf der Fensterbank und mit einem Riesensatz landete er direkt am Schoß der Prinzessin Amira und quakte: „Öffnet endlich eure Herzen und lasst euch nicht mehr blenden von Reichtum und Schönheit. Und lernt zu unterscheiden, wer und was echt, und was Fake ist.“ Die Prinzessin war dem Vater eine Erklärung schuldig. Er sprach ein Machtwort: „Versprochen sei versprochen und Adel verpflichte nun mal.“ Und die brave Königstochter gehorchte und ließ den glitschigen Kerl am festlichen Abendmahl teilnehmen – zum Glück kannte er alle Benimmregeln und hielt sich daran. Doch dann wurde er unverschämt. Er bestand darauf, auf ihren Händen in ihre Schlafkammer gebracht zu werden und neben ihr am Kopfpolster zu schlafen. Er legte sich auf den Rücken, quakte vergnügt, verschränkte seine Vorderbeinchen im Nacken, grinste breit und ließ ungeniert seinen Bauch heraus. In diesem Moment spürte die Prinzessin eine Riesenwut in sich aufsteigen. Hasserfüllt schnappte sie sich eines seiner Beinchen, wirbelte den Frosch herum und knallte den Armen mit aller Wucht gegen die Wand. Der Raum wurde urplötzlich von grünem Licht erhellt und eine männliche Gestalt trat hervor. Und siehe da, das Wunder geschah. Entzaubert stand er da. Der echte, der wahre, zum Frosch degradierte Prinz Xavier aus Wahrwaria, der vor vielen Jahren entführt und verzaubert wurde. Er war so happy, dass die Prinzessin ihrem Gefühl vertraut hatte, denn nur Liebe oder Hass konnten ihn von seinem nervigen Froschdasein erlösen. – Aber wie es im echten Leben halt so spielt, für eine gemeinsame Zukunft fehlte etwas. Nämlich die wahre Liebe mit den Schmetterlingen im Bauch. Und so trennten sich ihre Wege wieder. Und wenn sie nicht gestorben sind, wandeln sie heute noch, glücklich, und jeder für sich, durchs Labyrinth des Lebens.

 



 

© Gerda Modera 2024-08-12

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Komisch, Unbeschwert, Mysteriös
Hashtags