von Niels PflÀging
Die Entwicklung immer neuer Managementinstrumente hatte damit nur begonnen. Die Strategie-Bewegung der 1970er Jahre um Gurus wie Michael Porter, Bruce Henderson von Boston Consulting Group und â welche Ironie! â Peter F. Drucker selbst schlieĂlich machten Strategische Steuerung und Management by Numbers zur DomĂ€ne ĂŒbereifriger Analytiker, praxisentrĂŒckter MBA-Absolventen und Technokraten. Sie alle verfeinerten mit ihren Instrumentarien den Taylorismus immer weiter und verliehen dem Management die WĂŒrze.
Derweil entfernte sich die Betriebswirtschaftslehre und Managementpraxis immer weiter von anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen wie Philosophie, Psychologie und Verhaltenswissenschaften. KomplexitĂ€tstheorien wie die Systemtheorie, die Chaostheorie oder die Kybernetik waren mit der Managementlehre sichtbar unvereinbar â der mechanistische Theoriehintergrund und der letztlich patriarchalische Geist des Taylorismus machten eine AnnĂ€herung unmöglich. Die Motivationsforschung der 1950er und 1960er Jahre um Forscher wie Frederick Herzberg, Douglas McGregor oder Abraham Maslow, dessen fĂŒnfstufige BedĂŒrfnispyramide breite Bekanntheit erlangte, förderten zwar ĂŒberraschende Ergebnisse zutage, machten sie doch deutlich, dass im Menschen weitaus mehr drin steckte als konventionelles Management das vorsah. Beispielsweise der Impuls zur Selbstentfaltung oder allgemeiner die dem Menschen innewohnende, intrinsische Motivation. Der Mensch als auch bei der Arbeit schöpferisches Wesen, das Lust bei der Arbeit nicht nur sucht, sondern sie gleichsam finden muss. Diese Irritation fĂŒhrte zu breiter Diskussion in Managementtheorie und -praxis. Sie stand mit âcommand-and-controlâ, also der Organisation per Weisung und Kontrolle, in Konflikt, fĂŒhrte aber keineswegs zum eigentlich grundlegenden, sichtbaren Umdenken in der Personalmanagement-Praxis oder im FĂŒhrungsverstĂ€ndnis fĂŒhrender Unternehmen.
Vielleicht war die Motivationsforschung die vorerst letzte Episode, in der die Wissenschaft der UnternehmensfĂŒhrung sich fundamental und Disziplinen ĂŒbergreifend mit anderen Wissenschaften auseinandersetzte. Im weiteren Verlauf der Managementgeschichte fand kaum mehr ein ernsthafter Kontakt mit anderen Wissenschaftszweigen statt. Gerade die betriebswirtschaftliche akademische Forschung im deutschsprachigen Raum vergrub sich in Detailfragen und technokratischen Scheindebatten. Herzbergs Feststellung beispielsweise, dass Geld letztlich nicht motiviert, nicht motivieren kann, sondern stets nur demotiviert, wird immer wieder zitiert und wiedergegeben. Sie erscheint aber angesichts der immer noch existierenden Anreiz- und VergĂŒtungssysteme in Unternehmen und angesichts der Personalmanagementausbildung an Hochschulen und in Trainings als geradezu weltfremde Beharrung mit Tendenz zur Ketzerei.
© Niels PflÀging 2022-04-10