von Irene Werren
Ich gab in der Suchmaschine „ausgeknockt“ ein. Unter anderem erschien als mögliche Antwort diese Frage: „Wie schreibt man ausgeknockt?”Die Bedeutung heißt niedergestreckt, besiegt, zu Boden geschlagen.
Und so fühlt es sich an. Seit Mittwoch bin ich ausgeknockt, zur Strecke gebracht worden. Von Frau Influenza selber oder von einem ihrer zahlreichen, hinterhältigen Helfershelfer bin ich besiegt und flach gestreckt worden.
In meiner Wohnung liegen überall verheißungsvolle Anfänge herum: die Weihnachtsschachteln stapeln sich mit weih-nächtlichem Dekor im Wohnzimmer und warten darauf, ausgepackt und aufgestellt zu werden.
Eine glitzernde Untertasse lugt neugierig hervor, Geschenkpapier rollt sich in einer Ecke zusammen, und Weihnachtstee erfüllt die Luft mit Zimt und Nelken.
Weihnachtskarten breiten sich auf dem Tisch aus und warten darauf, liebevoll beschrieben zu werden. Die CDs mit Weihnachtsmusik liegen noch versteckt im Regal. Meine Weihnachtsbücher habe ich noch gar nicht hervorgeholt.
Einige Gedanken zu meiner neuen Mexiko-Story habe ich mir auch aufgeschrieben. Aber ich kann im Moment nichts Gescheites auf Papier bringen.Alles ist zum Stillstand gekommen.
Die Seele ist zu sehr verbandelt und gefangen im Hier und Jetzt in einem kranken Körper. Sie kann nicht fortfliegen an die wärmende Sonne in den Süden Mexikos, und sie hat keinen Raum frei für Fantasien.
Ich verbringe meine jüngeren Tage mit Hin- und -Her -Pendeln zwischen Bett und Sofa. Und allein dieser kleine Bewegungsradius kostet mich sehr viel Kraft.
Nando leidet mit mir. Seine Spaziergänge draußen werden immer kürzer, besonders jetzt, da noch Schnee alles weiß und kalt eingehüllt hat. Im Schnitt dauern seine Aufenthalte noch zwanzig Minuten. Er schläft danach seiner nächsten Mahlzeit entgegen, zu einem samtig weichen Wollknäuel zusammengerollt.
Beide warten wir auf eine Veränderung, Nando auf frühsommerliche Temperaturen. Und ich? – Darauf, dass ich mich in einem gestärkten und schmerzfreien Körper wiederfinden kann und werde. Irgendwann. Hoffentlich morgen.
Falls es dir gerade ähnlich geht, sei getrost: Du bist nicht allein.
© Irene Werren 2022-12-09