von Katharina Liebe
„Und was kaufst du dir für ein Auto?“ Das ist einer der Sätze gewesen den ichin den letzten Wochen und Monaten am meisten gehört habe.
Nun sitze ich gerade am Bahnhof und habe den Zug verpasst, so kann ich die Zeit zum Schreiben nutzen.
Es war eine wundervolle Erfahrung das Auto meiner Träume zu besitzen und ich hatte wundervolle Jahre mit ihm, er hieß Hefti, wie „Hefti der starke Schlumpf.
Mein Verhältnis zu diesem Auto war lesbar emotional und daher auch für mich voller schöner Momente.
Wenn mein Auto reden könnte, wäre vielleicht nicht alles nur positiv, weil mein Fahrstil an mein Herkunftsland erinnert. Vollgas bis 220km/h oder wenn möglich mehr, musste schon sein, wenn es keine Begrenzung gab. Doch das Land, in dem ich inzwischen lebe, beeinflusste in den letzten 15Jahren meinen Fahrstil nicht nur beim Autofahren, sondern auch bei Schneesportarten am Berg.
‚Angemessene Fahrweise‘ oder ‚Gegenseitige Rücksichtnahme‘ nannten sich die Schlüsselwörter um die Erlaubnis zu erhalten ein Fahrzeug zu steuern.
Inzwischen muss ich darüber schmunzeln, denn ich steuere nun viel lieber mich selbst und somit mein Leben.
Es ist für mich früher eine Erleichterung gewesen von Bus und Bahn auf’s Auto umzusteigen. Damals weniger Stress zu haben bei so vielen Stunden die ich als Auszubildende im Betrieb und in der Schule leistete, das half mir sehr.
Das Auto gab mir Sicherheit, so etwas wie einen Rückzugsort, das brauchte ich damals nach einem Übergriff.
Nun bearbeite ich meine Traumata und kann immer leichter Materielles loslassen und damit leben, was ich wirklich brauche. Überflüssiges oder Zeiträuber lasse ich selten zu. Es ist mehr Ruhe und Freude in meinen Alltag eingezogen, auch mehr zwischenmenschliche Liebe anstatt des Hetzens.
So ist auch gespiegelt meine Wahrnehmung des Menschlichen Daseins. Ich habe mir in meinem Leben schon sehr viel Druck gemacht, um meinen gesellschaftlichen Beitrag zum Fortkommen unserer Spezies Mensch zu leisten. Inzwischen hatte ich das Glück, einen Menschen kennenzulernen, der mir seine Sicht aus der Biologie zur Verfügung gestellt hat, das hat mir vor Augen geführt, dass ich mir erlauben darf, entschleunigter zu denken.
Gerade sind drei Jungs zugestiegen und es wurde durch ihren zwischenmenschlichen Umgang miteinander wirklich lustig. Einer war ausgesprochen laut, ist wahrscheinlich ein Muster was er sich im Leben angewöhnt hat. In diesem speziellen Moment hat es dazu beigetragen dass keiner von uns die Durchsage verstehen konnte und wir auch gemeinsam darüber mehrmals lachen konnten. Es war spaßig und wir haben den Ausstieg geschafft.
Kurzum, ich kann gerade das Zugfahren genießen & freue mich auf tolle Situationen mit meinem zweijährigen Kind. Die Ängste kann ich loslassen, das schafft Lebenserleichterung und für den Bierkasten 1x/M. finden wir sicher eine andere Möglichkeit. Doch dafür bewege ich mich zukünftig mehr. Denn vom Verkauf können wir uns ein E-Bike kaufen. Juhuuu!
© Katharina Liebe 2022-10-21