von Jessica July
„Ja, aber erinnerst du dich, wann genau sie gefaucht haben?“
Baba musste nur kurz überlegen. „Als ich dich in den Laubhaufen werfen wollte!“
Sie sahen sich an, machten auf dem Absatz kehrt und rannten zur Schule zurück. Dort hielten sie so viele Schulfreunde wie möglich auf und erzählten ihnen von ihrem Verdacht.
Gemeinsam gingen sie zu dem Laubhaufen, hockten sich daneben und schauten einander unsicher an.
Der Herbst beobachtete diese ungewöhnliche Gruppe aufmerksam. Am liebsten hätte er sie ermutigt, ihnen zugerufen, sie sollen es auf jeden Fall versuchen. Doch schließlich war es Lou, der, von seinem eigenen Mut überrascht, aufstand. In kurzen Sätzen erklärte er seinen Freunden, wo der Winter steckte. Oder besser gesagt, wo er den Winter vermutete. Der Herbst nickte zustimmend. Ihn konnte zwar niemand sehen, aber er spürte, dass er bald in seine wohlverdiente Pause gehen durfte.
Lou nahm sein Schulheft und begann, seinen Aufsatz vorzulesen. Wenn jetzt Winter wäre, würde er einen Schneemann bauen. Und daneben einen Schneehasen. Und dann würde er allen Trollen, die an seinem Garten vorbei kämen, ganz viele Möhrchenwitze erzählen. Von Lous Mut angesteckt zog ein schüchternes Trollmädchen sein Schulheft heraus und erzählte den anderen von langen Leseabenden auf dem Sofa und Brettspielen am Küchentisch.
Baba hatte zwar keinen Aufsatz geschrieben, aber sie wusste auch so, was sie im Winter wollte: Schlittenfahren, Schneeballschlachten und Lou in eine Schneewehe tunken. Und zwar so oft, bis sie beide blau gefrorenen Finger hatten um sich dann zusammen unter eine Decke zu kuscheln, um sich gegenseitig aufzuwärmen. Ein Trolljunge mit wirren Haaren und Sommersprossen freute sich schon das ganze Jahr darauf, auf dem See Schlittschuh laufen zu können. Er wollte ein Star werden, der beides gleichzeitig konnte, Eiskunstlauf und Eishockey.
Und so erzählte jedes Trollkind seine liebsten Wintergeschichten, bis ein Ruck durch den Blätterhaufen ging. Die welken Blätter stoben auf und ein kleiner Wirbelwind stieg daraus hervor, kreiselte zwischen den Kindern und verschwand dann in den Baumkronen.
Der Herbst seufzte erleichtert und die Kinder hielten den Atem an. Frost überzog die Äste und die Kinder und dicke Wolken zogen auf. Begleitet von watteweichen Schneeflocken legte sich der Herbst in sein Bett und zog sich die Decke über den Kopf. Die Kinder jubelten und tanzten und der Winter hauchte kurz auf den Boden, um den herbstlichen Matsch in eine glänzende Rutschbahn zu verwandeln. Es gab zwar noch nicht genug Schnee für einen Schneeball, doch auf den Ästen hatte sich bereits viel Frost gesammelt. Baba rüttelte an einem Ast und ließ die weißen Eiskristalle auf Lou hinabregnen. Und Lou wusste, dass es in ihrem gemeinsamen Scherzarktikel-Abenteueruntensilienladen auch Bücher geben würde. Bücher mit witzigen Abenteuergeschichten und Lou würde diese schreiben.
© Jessica July 2024-12-30