von G.F. Stöger
Ich erinnere mich bildlich daran, als ich vier Jahre alt an der ausziehbaren Kredenz in der kleinen Küche in Wien stand und Kekse ausstach. Meine Mama ließ mich immer mitbacken und mich ausprobieren. Eier trennen – kein Problem. Teig ausrollen – nach mehreren Versuchen beinahe plan und dünn.
Acht Jahre später hatte meine Mutter die großartigste Idee aller Zeiten: Wir besuchten gemeinsam einen Weihnachtskeksebackkurs. Von pikant bis süß lernten wir an vier Abenden die unterschiedlichsten Rezepte kennen, welche wir auch in papierverewigter Form mitnehmen durften. Es wurden von allen Kursteilnehmern an die vierzig Sorten gebacken. Das Tollste jedoch war, dass am Ende des Kurses alles geteilt wurde. So schleppten wir zwei Weihnachtsbäckerinnen zwei Bananenschachteln voll mit vierzig Sorten Kekse nach Hause.
Zwei Rezepte hatten es mir besonders angetan: Nougatkugeln und Mozartkugeln. Bis heute (das ist fast 30 Jahre her!) stehen Nougatkugeln gaaaaanz oben auf der Kekseliste. Ich kann mich echt davon nicht sattessen. Die Mozartkugeln werden mittlerweile mit dem eigenständig nach Omas Rezept produzierten und grün eingefärbten Marzipan gefertigt. Diese gibt es im Schnitt alle 2-3 Jahre, da sie extrem aufwändig herzustellen sind. Seit diesem Backkurs gibt es nie unter 10 Sorten Kekse bei uns zu Weihnachten.
Meine Kinder kommen ganz nach mir. Der Erstgeborene konnte bereits mit zwei Jahren Eier trennen, die Kronprinzessin ist nun in Ausbildung zur Weihnachtskeksekönigin. Nougatkugeln einkochen? Ein Klacks! Blöd nur, wenn man drei Tage nicht zum Kugelrollen kommt und die Leidenschaft der Stögerschen Familie die in der Küche herumlungernde Masse auf die Hälfte schrumpfen lässt. Heuer werden wir wohl zweimal Nougat schmelzen müssen …
Den Mürbteig für die Linzeraugen schaffte die Nachwuchsbäckerin nach Rezept ohne Hilfe der Backkönigin. Selbst das Geheimrezept für den Mostviertler Lebkuchen, welcher nach dem Backen sofort weich ist und dies bis zur Vernichtung auch bleibt, managte sie lediglich unter Zuhilfenahme zweier Publikumsjoker. Wir verwenden ausschließlich regional und wenn möglich biologisch produzierte Zutaten und eine kleine Empfehlung meinerseits: Sonnentor Lebkuchengewürz und zwar reichlich davon (unbezahlte Werbung!). Von Sonnentor habe ich übrigens auch das weltbeste Vanillekipferlrezept: Mit Walnüssen – aus dem elterlichen Garten.
Nächstes Jahr will Madame ALLE Weihnachtskekse selber backen. Heuer lässt sie sich gnädigerweise dazu herab, Tipps und Tricks der Mutter anzunehmen: Florentinermasse mit NASSEN Händen verteilen, KALTE Butter für Mürbteige, KEIN Eidotter im Eiklar, sonst gibt es keinen Schnee, wie schält man Mandeln einfach und schnell, Couvertüre NIE im zu heißen Wasserbad schmelzen.
Es ist wirklich praktisch. Der Ältere liebt es, Kuchen zu backen und die Jüngere Kekse und Sacherschnitten. Was kann man sich sonst noch wünschen? Mehr Nougatkugeln bitte!
© G.F. Stöger 2021-12-09