Bad Karma

Heidi Reiter

von Heidi Reiter

Story
Pörtschach am Wörthersee

Diese Woche war ich wieder mal vom Glück geküsst. Ich wachte am Montagmorgen gegen 6.30 Uhr auf, da ich bereits um 8.00 Uhr einen Klienten hatte, der bei mir eine energetische Behandlung nämlich „Holistic Pulsing“ gebucht hatte. Geweckt wurde ich aber nicht vom Wecker, sondern von lauten Baggergeräuschen und einem Grollen, das nicht mal bei einem Mega- Sommergewitter so heftig und bedrohlich klingt. Ich wusste ja, dass wir vor unserem Haus eine Baustelle haben, die sich schon etwas in die Länge zieht, da wir in unserem Viertel neue Wasserrohre bekommen. Dies ist ja an und für sich nicht schlecht, aber leider suboptimal, wenn man eine Behandlung machen soll, bei der man selbst in eine meditative Stille versinken soll und nur noch fokussiert sein sollte auf die Chakren und Schwingungen des Klienten. Das Kuriose an der Sache aber war, dass die Woche davor die Straße zwar aufgegraben wurde, aber sich dann kein Bauarbeiter mehr zeigte. Eigentlich kam es mir fast so vor wie bei meinen Baumarktbesuchen, die ich laut meinem Bruder öfters mache als er, aber ich kenne dafür schon jedes Regal und könnte schon fast selbst dort arbeiten. Aber immer, wenn ich im Baumarkt auftauche, sind komischerweise alle Mitarbeiter verschwunden und ich habe mir schon desöfteren gedacht, ob sie sich eventuell hinter den Regalen verstecken oder ob hier eine seltene Epidemie vorherrscht. Das ähnliche Szenario spielte sich vor meinem Haus auf der Baustelle ab – wenn ich aus dem Fenster schaute, sah ich nur eine gähnende Leere auf der Straße und einen tiefen Graben – fast so wie ein Schlund, der sich vor unserem gesamten Haus entlangzog. Sporadisch tauchte ein oranges Geschwader von circa 6 bis 7 Bauarbeitern auf, die dann alle kollektiv in ein Loch starrten und sich nicht mehr bewegten. Meistens war dann einer von ihnen in dem Loch und die anderen haben zugeschaut und anscheinend überwacht, ob er überhaupt arbeitet – also Teamwork stand hier nicht unbedingt im Vordergrund. Ich machte mich zwar relativ beliebt bei den Herren, da ich sie mit Kaffee verwöhnte und dachte, dass die Baustelle dann vielleicht schneller zu einem Ende kommen würde, aber das war hier leider nicht der Fall. Aber ich konnte jetzt auch nichts mehr machen, denn so kurzfristig konnte ich den Behandlungstermin nicht mehr absagen. Ich wartete also um 8.00 Uhr schon auf der Straße, um meinen Klienten ins Haus zu lotsen, da zu diesem Zeitpunkt mein Haus schon fast von der Umwelt abgeschnitten war. Wir fingen also mit der Behandlung an und ich versuchte, meinen Klienten in eine Schlafphase zu bringen, um ihn von dem Baulärm zu erlösen. Als ich es fast geschafft hatte, gab es plötzlich einen lauten Knall und ich dachte, unser Haus wird attackiert, ich schaute beim Fenster raus und ein Geschoss kam von der Straße geradewegs auf meine Balkontür zu und ich dachte mir schon – OMG, das wäre eine Schlagzeile – Energetikerin während der Behandlung von einem Baustellen-Geschoss erschlagen. Im letzten Moment prallte das Teil glücklicherweise an meinem großen Blumentrog aus Granit ab und flog wieder zurück auf die Straße. Ich dachte mir nur noch, wow nochmal Glück gehabt, ich kann das Leben noch weiter in vollen Zügen genießen, aber mit meiner Gelassenheit war es nicht mehr weit her, trotzdem schaffte ich es dennoch die Behandlung zu einem guten Ende zu bringen. Und ich kann euch daher nur raten, Dinge, die man nicht mehr abwenden kann, einfach so anzunehmen wie sie sind. Eure Cleo!


© Heidi Reiter 2024-12-07

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Emotional, Komisch, Adventurous
Hashtags