Badewannenversteck

Weudl

von Weudl

Story

Im Moment liege ich in unserer Badewanne. Es ist stockdunkel. Meine Kinder suchen mich nicht. Meine Frau sucht mich nicht. Es ist ruhig, beengend und ziemlich ungemütlich in der Badewanne. Dennoch bewege ich mich nicht. Ich gebe keinen Laut von mir. Minute um Minute vergeht und es bleibt still. Mein Smartphone zeigt mir sportliche Zwischenstände an und informiert mich über die News. Abseits dieses Trubels schreibe ich parallel mit drei Freunden. Wir erkundigen uns gegenseitig wie es uns im Lockdown 2.0 ergeht und tauschen uns aus. Ich schicke ihnen ein Foto aus der finsteren Badewanne. Sie glauben es mir nicht.

Plötzlich ein Geräusch. Ich stelle mein Smartphone ab und verharre in innerlicher Ruhe. Der Schalk in mir möchte loslachen und herausschreien: HIER BIN ICH! Doch der besonnene Schamane in mir zwingt mich zur inneren Contenance. Das Licht geht an. Meine Frau grinst über beide Ohren. Sollen wir jetzt das Wasser einlassen? Ich springe auf und finde mich wieder in der Rolle des bösen Monsters. In 90 Prozent der Fälle darf ich etwas Böses darstellen, dass dann meine Jungs samt Frau durch die Wohnung jagt und von allen angegriffen wird. Es wird gerauft, gecatcht und ganz viel gelacht. Ich wirbele meine Jungs in der Gegend herum. Sie kreischen, quietschen und springen auf mir herum. Während ich von allen Seiten attackiert werde, zwickt mir meine Frau in meinen Babyspeck und grinst wieder. Jetzt bekommt auch sie ein kleinwenig der besonderen Monsterliebe ab. Einem Schlabberbussi über die Wange folgt ein, Ihhhhhh, von ihr. Angeführt vom Kleinsten wird das Monster aus dem Schlafzimmer vertrieben. <Attacke und Angriff>höre ich hinter mir. Ich laufe ins Kinderzimmer und schnaufe kurz durch. Ja, Kinder halten einen auf Trab. Ich spüre wie der Große auf mich hüpft und der Kleine mit seinen zarten Fäustchen auf meinen Schenkel klopft. Ich packe beide und sie ergeben sich. Das Monster wird wieder zum lieben Papa verzaubert und…

…und wir begeben uns in etwas ruhigere Gewässer.

Verschwitzte Kinder, ein erschöpftes Monster und gerade einmal 45 Minuten später sitzen wir im Kinderzimmer und bauen Legoritterburgen. Wir bauen nicht nach einer Anleitung. Wir bauen frei nach Gefühl und kreativer Notwendigkeit. Bunte Bausteine werden aneinandergereiht und ein Stockwerk ist definitiv zu wenig.

Natürlich werden die beiden Zwuckerl ruhiger und ja, jetzt darf auch ich wieder Papa sein. Das Monster lege ich zurück in die Lade und schiebe sie zu. Es wird bald wieder gebraucht, doch jetzt darf es sich einmal kurz ausruhen. So wie in den 30 ruhigen Minuten zuvor. Im Dunkeln des Raumes und eingeengt in der Badewanne. Ich atme ein-ich atme aus.

Unbeschwert blicke ich vorwärts und freue mich auf die nächsten tollen Momente mit meiner Famile.

© Weudl 2020-11-23

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