“Bald” fertig

Lia Pipa

von Lia Pipa

Story

Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. Ich bin inbetween. Als Begleitschutz hab ich die Ruhe weg. Wenn ich selbst shoppe, bin ich aufgrund der Auswahl oft überfordert und freu mich, wenn ich nach mehreren Stunden den Ausgang finde. Mehrere Stunden? Das Konzept ist gefinkelt. Du brauchst Kerzen? Kein Problem! Dafür musst du nur einmal quer durch den 5000 Hektar großen Laden. Ikea kennt nämlich keine Abkürzungen. Einmal hab ich versucht mir Weg zu sparen, um dann erschreckt festzustellen: Jetzt bin ich totally lost. Deshalb immer brav den Pfeilen, die von oben fett auf den Boden gestrahlt werden, folgen. Dann kommt man nach 4000 Stunden garantiert irgendwann, mit allerlei Kram, den man mehr oder weniger braucht und davon im Vorfeld mehr oder weniger wusste, zum Ausgang.

Mit besagten Pfeilen haben sich meine Mutter und ich schon eingehend beschäftigt. “Jetzt ist er da”, lachte sie. “Jetzt ist er weg”, gluckste ich, nachdem ich mich unter die Lampe gestellt hatte. “Jetzt ist er wieder da”, feixte ich, nachdem ich zur Seite getreten war. “Jetzt ist er wieder weg”, jubilierte sie, als sie darunter stand. Beide kicherten wir verrückt. Ich kann’s zumindest auf die Gene schieben. Ein älterer Mann betrachtete uns amüsiert und meinte: “Wenn’Se den ‚Feil suchen, der ist auf Ihrem Rücken.”

Den jüngsten Besuch stattete ich dem Einrichtungsladen vor ca. einem Monat ab. Als Begleitung für zwei liebe Freunde, K und L. Sie shoppten bereits seit der morgendlichen Öffnung, in der Annahme, sie wären bald fertig. Danach wollten sie zu mir kommen. Was soll ich sagen? Eine der goldenen Ikea-Regeln – man ist NIE bald fertig. Deshalb kam ich nach ins Möbelparadies. Die Einkaufsliste war ellenlang, ich aber trotzdem tiefen-entspannt. Schließlich war es nicht die Meine. “Schatzi, willst‘ die Bettwäsche in blau oder rosa”, flötete L seiner Liebsten zu. “Ich weiß nicht… Das passt beides nicht wirklich”, entgegnete K. Erste Schweißperlen bildeten sich auf L’s Stirn. Doch es half nichts. K hatte bestimmte Vorstellungen und die galt es zu erfüllen.

Nachdem wir uns gegen 17:00 durch Bettwäsche, Polster, Küchenutensilien, Lampen und Bad-Interieur gewühlt hatten, kamen wir dem Ausgang verdächtig nahe. Davor lauerte noch die Restposten-Börse. In ihr wartete ein überdimensional großes Bücherregal geradezu auf den fidelen L. Der wollte es noch vor Ort gekonnt für den weiteren Transport auseinander schrauben. Worauf er von dem netten Angestellten nach draußen dirigiert wurde: “Was meinen’S was da los ist, wenn jeder da herinnen alles zum Zerlegen anfängt?”

Während L seine Al Borland Künste unter Beweis stellte, gingen K und ich zur Kassa. Ich schrottete gleich einen Salzstreuer, den ich freundlicherweise nicht bezahlen musste. Nachdem alles sicher eingepackt war, erfolgte eine abschließende Partie Tetris beim Autoeinräumen. Völlig erledigt bestellten wir uns gegen 21:00 noch Essen. Weil – bei Ikea ist man nie “bald” fertig.

© Lia Pipa 2023-01-21

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