von Lorenz Graf
Seit ich in meiner Jugendzeit die Freude am Tanzen kennenlernen durfte, tanze ich gern. Tanzen wird durch Bewegung, Musik, Körperberührung und Erotik zu einem Festmenü des Lebens. Na ja, das mit der Erotik verhält sich wie die Wärme des Essens, sie schwindet zusehends. Man verbrennt sich nicht mehr an der heißen Suppe. Aber die Freude an den Bewegungen zur Musik bleibt, wird sogar gelegentlich größer. Wie habe ich Bälle geliebt! Kaffeesiederball oder Zuckerbäckerball in Wien, später Maturabälle, Sportlerbälle, Pfadfinderbälle, Maskenbälle, Feuerwehrbälle, Hausbälle in Gasthäusern und noch viele andere. Unvergesslich bleiben mir die Bälle in der Hofburg und in den Sofiensälen. Es ist mir im Laufe des Lebens gelungen, einige Bälle, die vor dem Aus waren, als Organisator wieder neu zu beleben. Ich habe Maturabällen aus den Zwängen einer nicht besonders attraktiven Turnhalle in einer großen Messehalle neuen Schwung verleihen können. Maskenbälle konnte ich mit neuen Ideen und räumlichen Besonderheiten wieder zu vielen Besuchern verhelfen. Besonders stolz bin ich auf die Gründung eines Pfadfinderballs, der sich nach Jahrzehnten immer noch großer Beliebtheit erfreut und gerne besucht wird. Traurig musste ich auch das „Ballsterben“ zur Kenntnis nehmen. Viele traditionelle Tanzveranstaltungen verschwanden für immer. Zum Opernball kann man stehen, wie man will. Ich fand das Drumherum immer amüsant, wiewohl mich das Dabeisein wegen der Drängelei auf diesem großen Ball nicht besonders gereizt hatte. Aber ich vergönne allen, die dort versuchen das Tanzbein zu schwingen, ihr Vergnügen. Die Opernballdemonstrationen haben mich nicht interessiert, bis ein gewisser Joschka Fischer, grüner Ex-Außenminister, einmal damit prahlte, wie er bei einer Operndemo kräftig auf die Polizei eingedroschen hat. Ich mag solche lebensunlustige, aggresive Menschen nicht, insbesondere, wenn sie sich an die Spitze von Friedensdemonstrationen vorschwindeln.
Kürzlich musste ich mit Schrecken erfahren, dass größere Ballveranstaltungen mögliche, ja reale Ziele für terroristische Anschläge geworden sind. Im Fernsehen wurde berichtet, dass besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen würden. Man bräuchte sich nicht zu fürchten und solle ruhig die Abende genießen. Dann erschien eine prominente Dame zum Interview, eine sogenannte Ballmutter und Organisatorin. Die Dame ist bekannt, schon in einem Alter, in dem man legal Alkohol trinken darf und oft seitenblickepräsent, was von mir weder als ein Maskel noch als Auszeichnung eingestuft wird, sondern lediglich als Laune eines Programmverantwortlichen, der sich vielleicht einen Vorteil davon verspricht. Die Dame sprühte nur so von Energie und Freude, wenn sie von „ihrem Ball“ erzählte. Angesprochen auf mögliche Terroranschläge, lachte sie auf und meinte: „Auf meinem Ball ist es sicher. Es gibt ein Sicherheitskonzept und auch Kontrollen. Aber in meinem Ball kommt ohnehin kein Ungebetener hinein und schon gar nicht ein Terrorist.“ Nach einer kleinen Pause setzte sie noch einen Satz nach, der Zweifler besonders beruhigen sollte: „Bei und kommt ja nur rein, wer eine gültige Ballkarte hat!“
Ob mich das beruhigen würde, wenn ich Gast auf diesem Ball wäre? Aber muss man nicht einer Frau Glauben schenken!?
© Lorenz Graf 2025-01-18