von Anne_Ladgam
Einatmen, aufatmen, durchatmen, ausatmen: So stellte ich mir Baltrum vor, als ich auf den Buchungsbutton drückte. „Ihre Buchung wird an den Vermieter weitergeleitet und sie werden in Kürze verständigt, ob die Buchung auch seitens des Vermieters möglich ist! „Innerlich habe ich schon Urlaubsfeelings und eine genaue Vorstellung, wie ich den Tag dort verbringen werde. Was gibt es Schöneres als eine autofreie Insel mit einer Nichtraucherunterkunft, wo man wirklich viel frische Luft bekommt? Genau das richtige für meine gestresste Lunge.
Ich freue mich auf Spaziergänge im Watt, auf das Schwimmen in der Nordsee, aufs Lesen im Strandkorb, gemütliches Kochen in der kleinen Ferienwohnung, Zeiten ohne WLAN. Ich empfinde meine Vorfreude schon wie einen eigenen Kurzurlaub. Ich atme auf. Als ich jung war, fuhren wir zu viert nach Baltrum und ich habe das so schön in Erinnerung, dass ich das mit meinem Mann auch erleben möchte.
In der Nacht kommen dann langsam die Bedenken: „Sind 14 Tage nicht zu kurz für die lange Reise? Wird die Zugfahrt zum Horror werden? Wir müssen so lange fahren und mehrmals umsteigen! Wird uns eine neue Coronawelle statt einer Nordseewelle streifen? Eine anstrengende Hinfahrt nehme ich ja noch gerne in Kauf, aber was ist, wenn die Heimfahrt auch anstrengend ist und ich dann urlaubsreif vom Heimfahren bin?“ Fragen über Fragen kreisen in meinem Kopf und ich bereue es, gebucht zu haben. „Der Garten ist heuer so schön, warum soll ich überhaupt fortfahren?“
In der Früh erzähle ich meinem Mann in der Küche von meinem nächtlichen Gedankenkarusell. Er dreht sich zu mir und sagt: „Baltrum ist bald rum!“
Urlaubsplanung macht mir immer bewusst, dass ich eigentlich NICHT die Urlauberin bin, sondern eher diejenige, die wegfährt, um gerne und glücklich heimzukehren. Mein glutenfreies Brot von Schär schmeckt weltweit gleich und über die in Plastik aufgebackten glutenfreien Tiefkühlbrote freue ich mich definitiv nicht mehr, seitdem ich gelesen habe, wie schädlich das Plastik ist, mit dem Nahrungsmittel verpackt sind. Kürzlich las ich, dass das Plastik aus den überall käuflichen Trinkflaschen sogar für Gewichtszunahmen verantwortlich ist, weil Teile aus dem Plastik in die Flüssigkeit übergehen und in den Hormonhaushalt eingreifen. Wirklich glücklich bin ich dort, wo jemand selbst Zöliakie hat, aber da habe ich dann den Nachteil, dass dort kein See ist oder die Unterkunft in einem Preissegment zu finden ist, das meinem Budget nicht wirklich entspricht. Oder aber ich schwimme in einem wunderbaren See und genieße eine wunderbare Kulinarik, habe aber nur ein Matratzenlager und ein Plumpsklo. Für Kompromisse habe ich derzeit zu wenig Energie. Urlaub stresst mich.
Abends öffne ich die Mailbox. „Leider ist ihre Unterkunft schon vergeben!“
Was für ein Glück! Auch mein Mann meint:“Eigentlich bin ich gar nicht so traurig!“ Das Baltrum so bald rum sein wird, war uns nicht bewusst. Aber es war eine Gedankenreise wert.
© Anne_Ladgam 2022-07-02