von ploetzl.ilse
Der 70. Geburtstag: eine Cäsur in meinem Leben.Ganz plötzlich wird mir bewußt, daß möglicherweise nicht mehr allzuviel Lebenszeit bleibt!Meine Mutter hatte mir schon früher einmal gute Tipps gegeben, wohin ich noch verreisen sollte: da wäre einmal Abu Simbel gewesen. Glücklicherweise konnten wir das noch gemeinsam erleben. Das Taj Mahal ist sich nicht mehr ausgegangen. Mit Rotel- Reisen ins Baltikum absolvierte ich ein Jahr nach dem Tod meines Mannes, der dort niemals hinwollte. Mit den Reisen wird sich hoffentlich noch alles ausgehen. Ich schaue genau auf meine Fitness. Vorbild ist darin meine Mutter, die bis ans Lebensende sämtliche Weitwanderwege innerhalb Österreichs begangen hatte, welche es bis dahin schon gab. Fröhlich bewarb ich mich als Reiseleiterin bei den Naturfreunden, die Bedarf danach hatten. Zu meinem Erstaunen engagierten mich diese. Ich konnte viele Ausflugsziele vorschlagen, da ich früher bereits Fahrten für die Gewerkschaft organisiert hatte. Mein erster Ausflug führte 9 Mitglieder in der Vorweihnachtszeit nach Oberndorf. Die Wanderung ging bis Arnsdorf, wo ich allerdings nur mehr mit 2 Damen ankam. Der Rest hatte sich bereits früher zur Bahn verabschiedet. Ich ließ mich nicht entmutigen und schlug im Frühjahr den Eiszeit- Rundwanderweg von Henndorf weg vor. 12 Leute kamen mit. Wir sind zwar nicht dorthin gekommen, wo ich hinwollte, aber immerhin landeten wir vollzählig und pünktlich wieder in Henndorf.
Mir kommt zugute, daß ich mir zweimal von verschiedenen Handlesern die Zukunft voraussagen habe lassen.Nachdem beide 86 Jahre prognostiziert hatten, kann ich meine restlichen Jahre ein wenig einteilen. Da mein Garten meine große Leidenschaft ist, wollte ich etwas für ihn tun und absolvierte einen Imkerkurs. Mittendrin kam Corona und die Schulung in Verzug. Dieses Frühjahr habe ich fest vor, Bienen im Garten anzusiedeln.
Nach langer Wartezeit kamen vor 4 Jahren zwei Enkelkinder auf die Welt. Nun bin ich bestrebt, Dinge, welche für mich wichtig sind, auch ihnen nahezubringen. Sie dürfen im Garten Blumen pflanzen, die Insekten und Vögel beobachten, frisches Obst ernten sowieso. Ich glaube, da habe ich bei meinen Kindern früher etwas versäumt. Im Juli kommt noch ein drittes Enkelkind: nun wird die Zeit knapp, da ich unbedingt noch alle drei aufwachsen sehen will!Wenn ich Glück habe, geht es sich gerade noch aus.
Einiges ist vielleicht derart unwichtig, um es vor dem Lebensende tun zu müssen. Dazu gehören Unternehmungen, welche schlecht ausgehen könnten. In meinem Fall wäre das die Besteigung des Großglockners beispielsweise. Was habe ich davon, wenn ich zwar am Gipfel stehe , mich aber beim Abstieg schwer verletze und bis ans Lebensende im Rollstuhl sitze? Es gibt ja etliche Dreitausender, welche für meine Kondition in Frage kommen und mich reizen, sie zu erklimmen.
Manches verliert angesichts des Todes seine bisherige Bedeutung. Jeden Tag ganz bewusst zu erleben, ist ganz wichtig.
© ploetzl.ilse 2022-04-21