von Karin Sieder
Dieser Spruch gilt ganz besonders bei Ehepartnern. Ich kenne meinen Mann mittlerweile zwanzig Jahre. Und das letzte Jahr hat sich als besonders interessant entpuppt.
Wir wussten damals beide sofort, dass es zwischen uns passt und stimmig ist. Nach unserem ersten gemeinsamen Weggehen dauerte es nur drei Wochen und ich zog quasi bei ihm ein. Nach zwei Monaten war ich bereits schwanger. Ich liebe ihn jeden Tag ein wenig mehr. Er ist immer noch zuvorkommend, witzig, besorgt, bemüht, hilft und unterstützt, wo immer er kann. Da wir auf einer Landwirtschaft leben und jahrelang einen Heurigen betrieben, haben wir gelernt gut und gerne miteinander zu arbeiten.
Im vorletzten Winter beschlossen wir dann, ein kleines Häuschen anzukaufen. „Etwas“ renovierungsbedürftig. 300 m von unserem Zuhause entfernt. Es hat sich durch Zufall ergeben. Mein Mann ist der geborene Heimwerker und Bastler und ich arbeite auch gerne mit meinen Händen – obwohl nur als Hilfsarbeiter bei meinem Mann erduldet. Also frisch ans Werk.
Das Haus ist schon fast 100 Jahre alt und enthielt viele Baufehler, die mangels Wissen bzw mangels geeignetem Material entstanden sind. Es war durch und durch feucht. Also kauften wir einen Minibagger. Alles ausbaggern, neu einschottern, neu betonieren. Alles quasi neu. Warum wir nicht weggerissen haben? Die Vorbesitzerin hatte vor einigen Jahren ihr ganzes Geld in ein neues Dach gesteckt.
Ein Jahr Umbauarbeiten mit Höhen und Tiefen. Wir machten alles selber. Es war zeitintensiv, aber auch befriedigend und erfüllend, wenn man am Ende des Tages sein Werk betrachten konnte. Als Polier eignet sich mein Mann bestens. Egal, wie viele unserer Kinder zur Verfügung standen, es fand sich immer eine Tätigkeit für jeden. Mittlerweile nähert sich der erste Bauabschnitt – Wohnhaus – dem Ende. Es ist bereits ausgemalt. Es fehlen nur mehr die Fußböden und einige Möbel.
Aber ich konnte Seiten an ihm entdecken, die er mir fast 20 Jahre verborgen gehalten hat. Und ich war zutiefst überrascht. Es war für mich unglaublich, dass mein Mann derartig viele Schimpfwörter kennt. Bei jedem geringsten Problem – und auch wenn ich gar kein Problem erkennen konnte – zog er sein Register an Schimpfwörtern hervor und schrie drauflos, dass ich fürchtete auch der übernächste Nachbar würde noch mithören können. Er schimpfte nicht mit mir. Sondern einfach so ins Blaue hinein. Am Anfang war ich doch etwas verwundert, da ich ihn so nicht kannte. Irgendwann war es mir dann doch zu bunt und ich sprach ihn drauf an.
Seine Antwort: „Dann geht es gleich viel besser von der Hand!“
Also weiterschimpfen lassen, damit wir bald fertig werden. Da helfe ich gerne auch noch mit meinen angesammelten Worten aus.
© Karin Sieder 2020-05-10