Beim Lieblingsarchitekten

feuervogl

von feuervogl

Story

Gleich nach dem Studium bewarb ich mich auf eine Annonce hin „Architekt für Auslandsprojekte gesucht“ weil ich hoffte da ins Ausland zu kommen um Erfahrung zu sammeln. Tatsächlich aber plante ich im Wiener Büro Hilton und Sheraton Hotels für Abuja und Lagos. Nur der Chef flog öfter hin. Ich war nicht heiß darauf in ein Land beruflich zu reisen in dem das Ölgeld nur ein paar Wenigen zugutekommt, während der Großteil der Bevölkerung in Armut lebt. Einen Aufenthalt zur Horizonterweiterung habe ich mir anders vorgestellt. Ich begriff, dass ich hier weit weg von Nigeria auch von dessen staatlicher Korruption bezahlt wurde.

So kündigte ich bald und machte mich selbst auf die Reise. Ich gab alles auf, Job, Wohnung, Auto, verstaute die Dokumente in einer Kiste und stellte sie in Mutters Keller in Salzburg. Ich sagte mir „nie wieder Wien“ und diese Aussicht beflügelte mich. Nur den Hund konnte ich nicht weggeben, der musste mit. Zu Fuß nach Asien, in den Himalaya dann in den Süden, dort wurde ich zu meinem Guru geführt. Nach einem Jahr war wieder Schluss und ich kehrte heim nach Salzburg. „Nie wieder Wien“ wirkte noch.

Dünn, kurzes Haar, langer Bart meine Mutter sagte: du siehst ja rachitisch aus!“. Dünn legte sich mit den Ess- und Trinkgewohnheiten hierzulande rasch und ich musste Arbeit suchen!

In Salzburg gab es für mich nur einen Architekten, Gerhard Garstenauer, der viel im Gasteinertal geplant hatte, wie das Felsenbad und Sportgastein. Er stellte mich sofort ein, zahlte mir einen Hungerlohn, aber ich war glücklich. Zuerst sollte ich in seinem neuen Haus in Aigen das dortige Filialbüro besetzen, aus steuerlichen Gründen denk ich. Es war wunderbar, jeden Tag mit dem Rad aus Morzg nach Aigen, im Büro der Blick auf Untersberg und Watzmann Kette im Herbstglühen und eine Kirche in Abersee planen. Ich war ihm wohl zu wenig im Blick und er holte mich ins Stadtbüro neben dem Künstlerhaus. Im obersten Stock saß ich mit freiem Blick auf die Festung wieder so unverschämt privilegiert. Wie hatte ich das verdient, jetzt auch noch den ehemaligen Bubenhort „Rupertinum“ zu beplanen, mit Friedensreich Hundertwasser über die Fassadengestaltung zu kommunizieren und überhaupt so fest in meiner Heimatstadt angekommen zu sein? Ich fühlte mich in anderen Sphären schwebend, erfüllt und dankbar.

Bis der Absturz kam, unerwartet heftig und sehr schmerzlich. Er kündigte mir im Urlaub, telefonisch und ich weiß bis heute nicht warum. Hab ich was falsch gemacht, gab es finanzielle Probleme, denke nicht, da ich immer noch so viel verdiente wie das Reinigungspersonal. Ich konnte es mir nicht erklären. Aber was jetzt tun? In Salzburg war die Architektendichte sehr hoch und Posten nicht vakant.

Da musste ich „nie wieder Wien“ aufgeben, nahm dort ein Angebot an, verdiente das Dreifache in einem jungen dynamischen Team mit viel Spaß und tollen Herausforderungen.

Wien rollte mir wie einem verloren geglaubten Sohn den roten Teppich aus!

Und auch das war privilegiert.

© feuervogl 2019-11-15

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