Belagerung der Spatzen

Diese kleinen Geschöpfe sind schon etwas ganz Besonderes. Gegenüber von unserem Küchenfenster steht ein Baum. Unsere Wohnung ist in einem Haus mit zwei Stockwerken, und dieser Baum überragt das Haus noch um einige Meter. Dieses fast schon majestätische Gebilde der Natur ist so vielfältig wie das Leben selbst. Er dient mir als Unterhaltung, wenn er seine Äste bei starkem Wind in den Tanzunterricht schickt. Er versprüht weihnachtliches Flair, sollte es einmal Schneefall geben. Er bietet einen perfekten Unterschlupf für viele kleine Tiere, und dient als Bushaltestelle oder Zwischenstopp für die geflügelten Exemplare des Himmels.

Jeden Morgen wandert mein Blick automatisch aus dem Küchenfenster, zu diesem Baum der mein Blickfeld eigentlich komplett ausfüllt. Auf diesem Monstrum, so etwas Zartes, Gebrechliches und Kleines zu finden, wie einen Spatzen, ist schon eine Herausforderung. Da könnte man mir gleich sagen, ich solle die berühmte Nadel im Heuhaufen finden.

Ab und zu kommt es dann zu Erfolgsmomenten, doch diese dauern lediglich Sekunden. Meistens wenn mein Auge einen Spatzen erfasst, fliegt er auch schon wieder weg. Zum Glück gibt es aber nicht eine, sondern verschiedene Arten von ihnen. Ich habe eine Art entdeckt, die ziemlich besonders ist. Ich bekomme sie zwar nie wirklich vor die Linse, um ein tolles Foto davon zu schießen, trotzdem gelingt es mir Zeit mit ihnen zu verbringen. Leider ist es aber so, dass ich noch nicht in der Lage war, ein Muster in ihrem Verhalten feststellen zu können. Ihr Erscheinen und Verschwinden ist unberechenbar.

Lange ist es nun her, dass sie bei mir waren. Ich hatte schon Angst, das sie entweder nicht mehr bei mir sein wollten, oder vergessen hatte, wie und wo ich zu finden war. Da ich mir über die Jahre aber ein paar Tricks angeeignet habe, wusste ich, welche Hebel ich in Bewegung setzten musste, um sie zu mir locken zu können. Nach Wochen der Abstinenz hatte ich es mit meinem Lockruf anscheinend zu gut gemeint.

Gestern begann ich nach fast vierwöchiger Pause wieder mit meinen Übungen. Zum Dank werde ich seit heute bei meinen Armen, Beinen und Bauchmuskeln von Spatzen belagert.