Bella Venezia und die Golden Girls

Heidi Reiter

von Heidi Reiter

Story

Bereits vergangenen Sommer hatte ich mit meinen Golden Girls auf Social Media das Highlight aus unserer Jugend entdeckt. Ich las also im Internet, dass unsere geliebte Gianna Nannini im November in Jesolo auftreten würde. Sofort kamen wieder die Erinnerungen an ihren Hit „Fotoromanza“ auf und die romantischen Liebschaften, die in diesem Alter noch solch eine Leichtigkeit hatten, wie man sie im fortgeschrittenen Alter, nie wieder so erfährt. Es war daher eine abgemachte Sache und wir waren uns definitiv einig – da müssen wir unbedingt hin. Die Tickets waren gleich mal bestellt, aber da wir diesmal als Quintett reisten, war das Thema mit der Unterkunft etwas delikater. Es sollte ursprünglich ein Appartement werden, aber allein der Gedanke, dass sich fünf Mädels im bereits etwas fortgeschrittenen Alter das Badezimmer in der Früh teilen sollten, jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Knapp vor der Abreise fanden wir dann unsere adäquate Unterkunft und letztes Wochenende war es dann so weit. Zum Glück hatten wir ein größeres Auto, aber trotzdem war es eine logistische Herausforderung, die Bagage unterzubringen, denn obwohl wir nur 2 Tage unterwegs waren, hatten natürlich alle einen Trolley dabei nur ich nicht, da ich diesmal mit einem Köfferchen, natürlich ohne Rollen und sozusagen mit leichtem Gepäck reisen wollte. Nach genauer Recherche schafften wir es, die Fracht möglichst platzsparend zu verteilen und die Reise nach Bella Italia ging los. Gianna Nannini war echt der Burner, denn mit ihren 70 Jahren lief sie noch auf der Bühne hin und her wie ein junges Mädel, dass man wirklich schon annehmen musste, dass sie entweder vorher einige Joints geraucht hatte oder guten Sex mit einem jungen Lover hatte. Am nächsten Tag ging es weiter nach Venezia, la Serenissima, seit jeher meine Lieblingsstadt, aber die vielen Gassen, die alle immer gleich aussehen, waren mehr als eine Herausforderung. Die oberste Prämisse war, das zumindest ein Handy immer genug Akku haben musste, denn ohne Handy hätten wir glaube ich unser Appartement nie gefunden. Wir machten uns auf den Weg, gaben die Adresse der Unterkunft ein und es waren laut Google Routenplaner nur 20 Minuten, wie schnell sich dies jedoch ändern konnte, merkten wir als wir nach ca. 1.5 Stunden bei der Adresse ankamen. Meine Hände taten mir so weh, dass ich dachte, sie fallen mir gleich ab, da ich ja intelligenterweise dieses Mal keinen Trolley mit hatte und am Ende schon selbst glaubte, dass ich auch noch das Familiensilber mit eingepackt hatte. Wir hatten uns in Venedig sehr viel Kultur vorgenommen, scheiterten aber immer auf den Weg dorthin, da laufend eine der Ladies in ein Geschäft abbog und nur „ganz schnell“ was schauen wollte. Das Wort „schnell“ bekam für mich aber bald eine ganz andere Bedeutung, denn wenn eine der Mädels erstmal im Geschäft war, gab es kein Halten mehr. Somit hatten wir den ersten Tag mit „Schnell mal was Schauen“ verbracht, aber am letzten Tag war dann Kultur angesagt und ich organisierte ein Motorboot zum Palazzo Grassi, um den vielen für uns „gefährlichen“ Gässchen zu entgehen. Als wir uns dann Sonntagabend wieder auf die Heimreise machten, konnten wir zumindest einen Hauch von Kultur verzeichnen, aber dafür waren wir jetzt in der Lage einen Shoppingguide über Venedig für Ladies zu schreiben. Ich kann euch daher nur raten, wenn Plan B nicht funktioniert, bleibt situationselastisch, denn dann kann euch das Leben immer wieder überraschen.

© Heidi Reiter 2024-12-01

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Emotional, Komisch, Inspirierend
Hashtags