von mara
Berge locken , verlocken. Doch was ist mit Klettern?
Da klettert gerade ein großes dunkles Eichhörnchen auf der hohen Linde von Ast zu Ast und Sprung auf das Hausdach, schon ist es verschwunden.
Ich erinnere mich an eine Bergwanderung in meiner Jugend. Meine Eltern beschlossen am nächsten Sonntag auf den Zeiritz Kampel zu gehen. Meine Mutter bereitete am Vorabend Wiener Schnitzel, Gurkensalat mit Kartoffeln zu. Am Morgen wurde Malzkaffee gekocht und in die Thermoskanne gefüllt, das Essen wurde in der bewährten Proviantdose verstaut.
Dann marschierten wir zum Bahnhof, um mit dem Frühzug nach Wald zu fahren. Doch was mussten wir erfahren? Der Frühzug fährt nur an Wochentagen. Jetzt standen wir dumm da. Doch so ein Glück, die Frau eines Holzhändlers nahm uns mit nach Wald.
Über die Melling wanderten wir Richtung Zeiritz. Bei einer Quelle rasteten wir, kosteten von dem herrlichen Gebirgswasser und stärkten uns schon einmal. Auf unserem weiteren Weg kamen wir zu der Stelle, wo ein Übergang in die Radmer möglich ist. Ein großartiger Ausblick. Die Radmer ist ein ehemaliges Bergbaugebiet. Eine Antoniuskapelle gibt es an dieser Stelle auch. Plötzlich merkte meine Mutter, dass ihr unser Wohnungsschlüssel abhanden gekommen war. Wir suchten alle, leider vergebens. Da entsann sich meine Mutter, dass der heilige Antonius in diesem Fall helfen sollte. Sie bat ihn um Hilfe. Tatsächlich entdeckte sie kurze Zeit später den Schlüssel. So konnten wir weiter. Es war ein wunderschöner Sommertag, blauer wolkenloser Himmel, strahlender Sonnenschein. Mir wurde der Weg allmählich lang und ich jammerte, ob wir nicht bald oben wären. Zur Motivation fingen meine Eltern an, Wanderlieder zu singen und mein Bruder und ich stimmten ein . So ging es viel leichter und gefühlsmäßig auch schneller. Endlich waren wir oben. Wirklich oben? Nein, zum Gipfelkreuz musste man über die sogenannten Schafzähne klettern. Da ging es links und rechts steil hinunter. Ein Drahtseil war an dieser Stelle direkt am Felsen gespannt, an dem man sich fest halten konnte. Wenn man von der Kalwanger Seite auf den Zeiritz ging, ersparte man sich diesen Grat. Doch wir waren von der anderen Seite gekommen. Mein Vater und mein eineinhalb Jahre älterer Bruder machten es vor. Auf allen Vieren kletterten die über die Schafzähne. Mein Vater wollte mich animieren, auch hinüber zu klettern. Ich schaute rechts hinunter, dann links. Mich schauerte. Da sollte ich hinüber? Ich sah nur Abgrund, in den ich stürzen würde. Ich bekam riesige Angst. Nein, auch meinem Vater zuliebe klettere ich da nicht hinüber. Mein Vater und mein Bruder trugen sich ins Gipfelbuch ein, dann kamen sie wieder herüber.
Meine Mutter packte die Schnitzel und den Gurkensalat aus. Mein Vater, der nach Obersteirerart immer ein Messer eingesteckt hatte, schnitt die Schnitzel auf , den Gurkensalat löffelten wir aus dem Glas und dann tranken wir den Kaffee. Die Welt war wieder in Ordnung für mich.
© mara 2020-04-17