Berlin – meine Hassliebe

Du bist meine Heimat und doch gibst du mir täglich das Gefühl, ich gehörte woanders hin. Denn ich bin keine Berliner Göre. Ich bin vielmehr eine höfliche Ausnahme.

Du bist laut, dreckig, frech, plump, unsensibel, grau, kalt und viel zu oft launisch. Du verdirbst mir den Appetit mit all dem Müll, der auf den Straßen liegt und verwest.

Sobald die Sonne aber scheint, geht es dir gut und du schenkst uns dein schönstes Lächeln! Wie heißt es doch: Im Sommer tust du gut und im Winter tut’s weh.

Wie jede andere Großstadt hat man unzählige Möglichkeiten, mit dir Erinnerungen für die Ewigkeit zu schaffen; Momente zu erleben, welche nie in Vergessenheit geraten.

Wie oft habe ich auf dem höchsten Punkt des Viktoriaparks den Sonnenuntergang genossen? Wie oft habe ich nach dem Feiern im Hochsommer um vier Uhr morgens einen Döner am Kotti gegessen? Wie oft habe ich am Spreeufer mit Blick auf die Oberbaumbrücke das Glitzern des Wassers beobachtet und mit Freunden mit eiskaltem Bier vom Späti über Gott und die Welt diskutiert. Ach ja, deine Spätis! Sie verdienen eine eigene Erzählung…

Du lockst mit deinem Techno, deiner Vielfältigkeit, deiner Geschichte, der Möglichkeit, Du selbst zu sein. Das bietet nicht jede Stadt und das schätze ich an dir.

Jeder Bezirk hat seine eigenen Facetten, Menschen, seine Kultur. Wo hast du sonst so etwas gesehen?

Du willst es ruhig und gediegen? Ab nach Schöneberg. Kreuzberg dagegen ist wild und multikulti. Mitte ist schick auf seine trendy Art und Neukölln bietet auf kürzestem Weg einen Ausflug in den Orient (und die interessantesten Spätis, nebenbei bemerkt).

Auch wenn du in den Bahnhöfen Schnapsleichen hortest oder an jeder Ecke mit unerwartetem Gestank auflauerst, lieben dich die Bewohner.

Für mich bist und bleibst du aber eine graue Stadt. Du bist meine Heimat. Aber du bist auch mein Grund, dass ich viel zu oft friere, zu selten die Sonne sehe, das Meer vermisse und mürrischen Gesichtern tagtäglich begegne.

Warum kannst du nicht ein bisschen freundlicher sein, mein Herz mehr als fünfmal im Monat mit Sonnenschein erwärmen, lächeln?

Ich wünschte, ich könnte die Zugezogenen verstehen, die dich so lieben, wie ich niemals dazu im Stande sein werde.

Ja, du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben, denn du warst und bist mein Zuhause.

Aber Berlin, du bist und bleibst meine Hassliebe.