von Matthissa Tirok
Bernstein bezeichnet einen seit Jahrtausenden bekannten und insbesondere im Ostseeraum weit verbreiteten klaren bis undurchsichtigen gelben Schmuckstein aus fossilem Harz. Damit ist überwiegend nur ein bestimmtes fossiles Harz gemeint, dieser Bernstein im engeren Sinne ist die Bernsteinart mit dem wissenschaftlichen Namen Succinit. Die Bezeichnungen Succinit und Baltischer Bernstein werden oft synonym verwendet, da Succinit den weitaus überwiegenden Teil des Baltischen Bernsteins ausmacht. Die anderen fossilen Harze im Baltischen Bernstein stammen von unterschiedlichen Pflanzenarten und werden auch als „Bernstein im weiteren Sinne“ bezeichnet. Manche kommen mit dem Succinit zusammen vor, z. B. die schon lange aus den baltischen Vorkommen bekannten Bernsteinarten Gedanit, Glessit, Beckerit und Stantienit. Diese werden auch als akzessorische Harze bezeichnet. Für die Wissenschaft, insbesondere für die Paläontologie, ist Bernstein mit Einschlüssen, den sogenannten Inklusen, von Interesse. Diese Einschlüsse sind Fossilien von kleinen Tieren oder Pflanzenteilen, deren Abdrücke, in seltenen Fällen auch Gewebereste, im Bernstein seit Jahrmillionen perfekt erhalten sind. Das altgriechische Wort für Bernstein ist ḗlektron, was mit „Hellgold“ übersetzt werden kann. Die Wurzel des Wortes ḗlektron stammt aus der indogermanischen Ursprache und hat die eigentliche Bedeutung „hell, glänzend, strahlend“. In vornehmen antiken Haushalten diente ein größerer Bernstein als Kleiderbürste; durch das Gleiten am Stoff lud er sich elektrostatisch auf und zog dann die Staubteilchen an sich. Das Phänomen der statischen Elektrizität beim Reiben von Bernstein mit bestimmten Materialien war bereits dem griechischen Philosophen Thales bekannt. Damit konnte das griechische Wort für Bernstein zum modernen Namensgeber des Elementarteilchens Elektron und der Elektrizität werden. Dieses einfache elektrostatische Aufladen von Bernstein wurde auch für frühe Versuche zur Elektrizität benutzt.
In der griechischen Antike wurde Bernstein auch als Lyncirium („Luchsstein“) bezeichnet, möglicherweise weil man annahm, er sei aus dem Urin des Luchses entstanden, der bei starker Sonneneinstrahlung hart geworden sei. Allerdings wird in der Literatur auch die Ansicht vertreten, dass diese Bezeichnung lediglich eine Verballhornung des Wortes ligurium darstellt, mit dem in der Antike Bernstein bezeichnet und zum Ausdruck gebracht wurde, dass es sich um ein ligurisches Produkt handelt. Es wurde für wahrscheinlich gehalten, dass die mit Bernstein Handel treibenden Phönizier ihre Ware von den Ligurern erhielten, die während des ersten vorchristlichen Jahrtausends lange Zeit am südlichen Endpunkt (Rhonedelta) einer der antiken Bernsteinstraßen siedelten.
© Matthissa Olensky 2023-09-13